Berlin.. Einige Gags sind albern, und dennoch sitzt die Guttenberg-Satire „Der Minister“ von Sat.1. Mitunter albern, liefert der Film gezielte Tritte vors Schienbein des Politikbetriebs. Bei der Premiere in Berlin gab es vor allem für eine Schauspielerin viel Applaus: Katharina Thalbach als Kanzlerin.
Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind beabsichtigt: Zwei Jahre nach dem Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg schlachtet Sat.1 die Geschichte vom gefallenen Superstar der CSU als Satire aus. „Der Minister“ (12. März, 20.15 Uhr) ist ein echtes TV-Kunststück: Albern bis zur Schmerzgrenze – aber auch randvoll mit gut gezielten Tritten vors Schienbein des Politikbetriebs.
Nach der Premiere im Berliner Delphi-Kino steht fest: Der Film wird TV-Geschichte schreiben, zumindest mit einem Detail. Katharina Thalbach als Bundeskanzlerin Angela Murkel – dafür gab’s donnernden Applaus vom Premierenpublikum. Zu Recht: In perfekter Balance zwischen Imitation und Karikatur zeigt die Thalbach eine kauzige, aber liebenswerte Kanzlerin, die Wurst am liebsten ohne Brot isst und im Kleiderschrank eine Armada kastenförmiger Jacketts hat – Markenzeichen der Staatschefin.
Max weiß, dass Donnersberg eine geistige Hohlfrucht ist
Die erste Begegnung zwischen Kanzlerin Murkel und ihrem künftigen Kabinettsstar stellt sogleich die Verhältnisse klar: Dieser pomadige Franz Ferdinand von und zu Donnersberg (Kai Schumann) und seine grellblonde Gattin (Alexandra Neldel) haben bei Murkel keine Schnitte. „Barbie lebt“, knurrt die Kanzlerin und wirft dem Baron mit den vielen Adelstiteln den vernichtenden Hinweis hin, sie, die Kanzlerin, habe nur einen Titel. Den Doktortitel. Das sitzt.
Die Sat.1-Satire erfindet Max Drexel, Jugendfreund des Barons, der schon zu Schulzeiten die intellektuellen Defizite seines vermögenden Kumpels diskret vertuscht hat. Auf dem Weg aus der Provinz nach Berlin wird Max (Johann von Bülow) eine Art Ein-Mann-Strategieabteilung für den Aufsteiger.
TVKumpel Max schreibt die Doktorarbeit für den Baron
Max weiß, dass Donnersberg eine geistige Hohlfrucht ist. „Wir haben intelligentere Lebensformen an unserem Duschvorhang.“ Aber keiner kann so überzeugend gar nichts sagen wie er. „Er geht nach dir in die Drehtür und kommt vor dir wieder raus.“ Die Umfragewerte überschlagen sich. So lange, bis die „Kolorierte“ anfragt: „Kann er auch übers Wasser gehen?“ Es ist Max, der schließlich die Doktorarbeit für den Baron schreibt. Und es ist auch Max, der irgendwann in Ungnade fällt und sich rächt.
Die Kolorierte. Bundeskanzlerin Murkel. Vizekanzler Wellewester. Herr Brückstein und Herr Meierstein von der SPD, und der ewige „Horst“ aus Bayern. Das Verschlüsselungsprinzip der Satire hat gerade mal Micky-Maus-Niveau, passt aber ideal zum Prinzip des ganzen Films. Jeder soll jeden wiedererkennen.
Guttenberg-Anspielungen am laufenden Meter
Wer in den letzten zwei Jahren halbwegs aufmerksam Zeitung gelesen hat, wird am laufenden Meter mit Anspielungen und Gags versorgt. Opel-Rettung, Foto-Posen auf dem New Yorker Times Square, Truppenbesuch mit Gattin in Afghanistan, Kundus-Affäre, Plagiatsaffäre, Abgang in die USA.
Als Strippenzieher und Stil-Vorbild für Donnersberg taucht der Chefredakteur der schreihalsigen „Blitz“-Zeitung auf. In einer der letzten Szenen hört er seine Mailbox ab. Der Bundespräsident hat eine Nachricht hinterlassen. Eine neue Geschichte von Aufstieg und Fall wirft ihren Schatten voraus: Sat.1 will noch in diesem Jahr die Wulff-Story verfilmen. Es geht um die letzten Wochen im Schloss Bellevue. Zwischen Christian Wulffs legendärem Anruf bei „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann („Ich bin gerade auf dem Weg zum Emir“) und dem Rücktritt vor einem Jahr. Keine Satire, eher ein Drama.