Essen. „Wer wird Millionär?” heißt seine populärste Show. Die Antwort heißt natürlich: der Moderator selbst. Seit zehn Jahren setzt RTL auf Günther Jauch als Quoten-Joker, und auch für sich selbst hat der Entertainer die Millionenfrage erfolgreich beantwortet. Jetzt will er sich rar machen. Sagt er.
Der Mann, so populär wie sonst nur Horst Schlämmer, äh Hape Kerkeling, gilt als scheu. Partys meidet der 53-Jährige, so gut es geht, selbst Interviews mit ihm sind so selten wie die Blaue Mauritius.
Umso erstaunlicher, dass der gebürtige Münsteraner dem „Zeit-Magazin” einen Einblick in sein Seelenleben gewährte, offenbar in einem Anfall schwerer Melancholie. Oder trieb ihn schlicht die Eitelkeit, ein koketter Selbstdarsteller, der seinen Rückzug ankündigt, in der Hoffnung, das Publikum möge ihn zum Bleiben bewegen?
"Der Bednarz von RTL"
Jedenfalls wirkt er etwas wehleidig: „Ich habe mal gesagt, zum Bednarz von RTL möchte ich nicht werden”, wird der Mann zitiert, den die Fernsehnation lange für den ewigen Lausbub hielt, mit einem charmanten Mix aus Seriosität und Respektlosigkeit, der ihn, neben Thomas Gottschalk, zu Deutschlands liebstem Schwiegersohn machte. Jauch wollte nicht werden wie Klaus Bednarz, der Moderator von „Monitor” im Ersten, der nach 18 Jahren im Geschäft quasi aus dem Studio getragen werden musste. Jauch: „Ich mache ,stern TV' im 20. Jahr. Ich bin der Bednarz von RTL – nur ohne Pullover.”
Der Quoten-König – im Interview gab er sich so, als sei er gefangen in einer virtuellen Welt, fernab vom wirklichen Leben: „Ich habe von der Welt nix gesehen. Ich habe immer nur gearbeitet. Ich bin neugierzig darauf, mal ein halbes oder ein ganzes Jahr auszusteigen.” Folgerichtig schob Jauch nach: „Es wird weniger werden mit mir im Fernsehen.”
Kurze Halbwert-Zeit des Ruhms
Zugleich sinnierte Jauch wie ein Barock-Dichter über die Vergänglichkeit des Ruhms. „Die Leute würden mich immer vergessen”, lamentierte der Meister des gehobenen Boulevard, „die Halbwertzeit für Fernsehleute liegt bei sechs bis neun Monaten.”
Possen, Posen, Positionen – derlei können sich nur die ganz Großen im Geschäft leisten. Wie Harald Schmidt. Deutschlands Chef-Zyniker zelebriert schon seit Jahren den Ausstieg mit Lust – und List. Seine Drohung, sich aus dem glei´ßenden Licht der Öffentlichkeit zurückzuziehen, machte „Dirty Harry” niemals wahr. Stets ließ er sich Hintertürchen für neue Projekte.
Und Jauch? Sein Arbeitspensum straft ihn, Produzent wie Moderator, Lügen. Im Sommer langte es neben Standard-Verpflichtungen zu etlichen Gastauftritten, so bei „Ich kann Kanzler” im ZDF. Im Herbst dreht er das Prinzip von „Wer wird Millionär?” bei „Fünf gegen Jauch” um. Zudem moderiert er das „Ost-West-Duell”, ein neues Format. Jauch wirkt wie Pater Braun: Er kann es nicht lassen.