Essen. Katharina Saalfrank ist in dem neuen Doku-Magazin „Expedition Familie“ im SWR mal nicht therapierend, sondern beobachtend unterwegs. In der Pilotfolge ging es ums Leben im Alter. Tragischer Höhepunkt. Einer ihrer Gesprächspartner stirbt während der Dreharbeiten an einem Herzinfarkt.

Denkt man an Wohnmodelle im Alter bleiben Bilder von kahlen Pflegeheimzimmern, Rollstühlen und Erwachsenenwindeln kaum aus. Die Deutschen werden älter und immer mehr sind am Ende ihres Lebens auf Hilfe angewiesen. „Supernanny“ Katharina Saalfrank zeigt in der Pilotfolge von „Expedition Familie“, dass es für Senioren auch andere Möglichkeiten des Zusammenlebens gibt.

Vier Generationen unter einem Dach – was vor einigen Jahren noch die normale Zusammensetzung eines Haushaltes war mutet heute exotisch an. Familie Krepp betreibt in Eppingen ein 100 Jahre altes Hotel. Die rüstigen Urgroßeltern, Opa (der Geschäftsführer) und Oma, sowie die Tochter des Hauses mit Mann und Nachwuchs leben und arbeiten dort gemeinsam.

Familienzusammenhalt ist trotz Reibereien immer noch gut

Sophie, die Jüngste, wird tagsüber von ihrer Oma und der Uroma betreut, während die Enkelin Sandra im Betrieb mithilft. Die Urgroßeltern wohnen alleine, die anderen Familienmitglieder teilen sich eine Wohnung. Bei diesem engen Zusammenleben wundert sich sogar Katia Saalfrank: „Das ist ja eine Herausforderung.“

Trotz gelegentlicher Reibereien kommen alle gut miteinander klar. Und sollte es doch einmal so weit kommen, dass einer pflegebedürftig wird, steht für Enkelin Sandra fest: „Es wird niemand weggeben.“

Dies ist das Idealmodell. Die Alten kümmern sich um die Jungen, die Jungen später um die Alten. Würden alle Familien in Deutschland so leben, keiner dächte darüber nach, Altenpflegerinnen aus China zu holen. „Das Geheimnis der Familie Krepp ist, dass sie sich füreinander entschieden haben“, erklärt sich Katia Saalfrank diese Idylle.

Senioren-WG ist eine gute Zukunftsperspektive

Diese familiäre Lebensform wird in Deutschland wohl eine Ausnahme bleiben. Laut einer Studie möchten nur 16 Prozent der Deutschen mit ihren (erwachsenen) Kindern zusammenleben, so Saalfrank.

Wie ein Modell aus der und für die Zukunft wirkt die Senioren-WG in Bad Kreuzingen. Auf dem „Ponyhof“, einer ehemaligen Pension, leben 13 Menschen – meistens Alleinstehende -- im Alter zwischen 56 und 94 Jahren. Das Besondere: Sie leben nicht nebeneinander, sondern miteinander.

Es wird gemeinsam in der riesigen Küche im Erdgeschoss gekocht, gemeinsam auf der Terrasse Kaffee getrunken. Jeder ist für jeden da, sofern der andere das möchte. Die 94-jährige Marion fühlt sich in dieser Umgebung und der Gemeinschaft pudelwohl. Was mit ihr passiert, wenn sie pflegebedürftig werden sollte, weiß sie aber nicht.

Familie Stöferle pflegt dementen Vater bis er ins Krankenhaus muss

Marion sagt, sie fände es gut, dass diese Frage offen bliebe. Mitbewohnerin Dorothea redet Tacheles: Für Pflegebedürftige, Rollstuhlfahrer, Demente sei das Haus von der Bauweise her nicht geeignet. Die Betroffenen müssten im schlimmsten Fall also in eine entsprechende Einrichtung umziehen. Bislang sei es so weit aber noch nicht gekommen. Eine Senioren-WG ist also eine schöne Sache, solange man noch fit ist – im Kopf und in den Beinen.

Die Realität sieht wohl eher so aus wie bei Familie Stöferle. Johannes Stöferle, 81, ist dement und an Parkinson erkrankt. Lange wurde er daheim von seiner Frau Gertrud (ebenfalls 81) und den beiden Töchtern gepflegt. Dann stürzt Johannes, kommt ins Krankenhaus, anschließend nicht wieder auf die Beine und daher in ein Altenheim.

Familie plagen Schuldgefühle weil Vater im Heim ist

Das Leben daheim in der kleinen Wohnung mit dem noch winzigeren Badezimmer war unmöglich geworden. Ehefrau Gertrud schämt sich, dass sie über den Umzug ins Heim froh ist. Er sei eine Belastung gewesen. Aggressiv. So ganz anders, als sie ihn kannte. Die Töchter plagen Schuldgefühle, weil sie ihrem Vater versprochen haben, ihn nicht wegzugeben. Die beiden Enkelinnen sind wütend, dass der Opa nun im Heim ist.

Hier greift Katia Saalfrank zum ersten Mal in das Geschehen ein, anstatt nur zu beobachten. Mit den Töchtern spricht sie über deren Schuldgefühle und über die Möglichkeiten: „Was bräuchtet ihr, um ihn weiter hier zu betreuen?“ „Eine Million Euro“, lautet die Antwort einer Tochter. Eine private Pflegekraft ist teuer, die Kraft der Familie reicht nicht mehr aus. Da ist das Pflegeheim die letzte Alternative.

Vater Stöferle stirbt während der Dreharbeiten

Doch Johannes Stöferle baut im Heim zusehends ab. Gemeinsam mit den Enkelinnen besucht Katia Saalfrank den 81-Jährigen. Als er an einer Heimfeier teilnimmt passiert es dann: Johannes Stöferle erleidet einen Herzinfarkt und stirbt während der Dreharbeiten.

Hat er sich aufgegeben, weil seine Familie ihn ins Heim abgeschoben hat? „Ihr habt nichts falsch gemacht“, versucht Katharina Saalfrank seine Hinterbliebenen bei ihren Besuch acht Wochen später zu trösten. Aber haben sie auch wirklich alles richtig gemacht? Aus diesem Dilemma kommt Familie Stöferle wohl nicht mehr heraus. Und damit ist sie in Deutschland nicht allein.