Essen. Nach einem abwechslungsreichen Abend mit Nervenkitzel und Gefühl endete die erste Live-Sendung der Millionärswahl auf ProSieben mit einem mulmigen Gefühl. Der Favorit Ralf Zanders gewann nicht das Ticket ins Finale. Die Enttäuschung vom Publikum und den Moderatoren war mehr als deutlich spürbar.
Was als Show gedacht war, in der die Mehrheit entscheidet, eine Stimme hat, endete damit, dass die Mehrheit still, enttäuscht und sichtlich wütend war. ProSieben zeigte die erste Live-Show der Millionärswahl. Ein völlig neues Konzept. Jeder konnte sich als Kandidat melden, um der erste demokratisch gewählte Millionär in Deutschland zu werden. Und enttäuschte, nach einem kurzweiligen Abend, im letzten Moment die Zuschauer im Studio und Zuhause.
Nicht der sympathische Ralf Zanders, der für sein krankes Patenkind Neele jede noch so schwierige Aufgabe angehen wollte, um ihr und ihren Eltern mit dem Millionengewinn das Leben zu erleichtern, ging als Sieger hervor. Und das, obwohl er bis zur allerletzten Stimmabgabe mit einigen Punkten Vorsprung an der Spitze stand.
Die Herzen hatte der 36-jährige Kerpener spätestens dann auf seiner Seite, als er zitternd und unter Paniktränen live in der Sendung seine Höhenangst überwand und ein knapp 30 Meter hohes Gebäude in „Houserunner“-Manier herunterlief. Alles für sein krankes Patenkind.
Er war wohl der Kandidat, der den meisten Deutschen bei der Frage: „Wer verdient die Million?“ sofort einfiel. Und auch bei Moderatorin Michaelsen waren Tränen der Rührung in den Augen zu erkennen, als sie den mutigen Kandidaten unten in Empfang nahm.
Wirre Ideen, verrückte Persönlichkeiten und die „alten Bekannten“
Die anderen Teilnehmer waren eine Mischung aus den bekannten Casting-Show-Kandidaten und Persönlichkeiten mit mal wirren, mal skurrilen Ideen.
Es gab den Breakdancer, der mit seiner Jugendtruppe auftrat. Einen vor allem leicht irritierten Ausdruck zauberte er Moderatorin Jeannine Michaelsen allerdings dadurch ins Gesicht, dass er sie leicht arrogant auf den Umstand hinwies, dass er nicht nur zweifacher, sondern schon vierfacher Weltrekordhalter in verschiedenen Breakdance-Kategorien sei.
Ähnlich sportlich zeigten sich auch die Beast Brothers. Die Mucki-Jungs aus Schöppingen präsentierten zur Musik, aber ohne wirkliche Choreografie, ihre Muskeln und die Sportart „Calisthenics“. Mit einer Million wollten sie einen Park für alle in Schöppingen bauen, um die Sportart bekannter zu machen.
Nervenkitzel gab es bei Kandidat Daniel Moesl. Er stürzte sich ohne Bungee-Seil aus dem rund 60 Meter hohen Dach der Veltins-Arena. Der geplante Doppelsalto geriet eher zu einem Eineinhalb-Salto, doch der Sprung des „Extrem-Freedroppers“ beeindruckte. Beim Freedropping landet der Springer auf einem Luftkissen. Auch gut im Rennen lag der Duisburger Sava Pasic. Er versprach seinen Unterstützern Reisen, Geschenke und viel Spaß, sollte er die Million gewinnen.
Moderatoren-Duo als Ruhepol im Show-Wirrwarr
Die beiden Moderatoren Jeannine Michaelsen und Elton hatten vor allem damit alle Hände voll zu tun, die Regeln der Show, der Vorabstimmungen, der Wahlgänge und der Punktevergaben zu erläutern. Doch sie waren ein angenehmer Ruhepol in der Show voller unterschiedlicher Acts und komplizierter Regeln.
Fassungslosigekeit, Buh-Rufe und Kritik - Wie bei der Punktevergabe "gemauschelt" wurde
Die Show Millionärswahl, die mit allerhand verrückten Persönlichkeiten, mit kleinen und großen, witzigen und spektakulären Vorhaben ein abwechslungsreiches Abendprogramm gestaltete und vor allem den Willen der Zuschauer zeigte, einem Kandidaten den Gewinn zu gönnen, der nicht aus Eigennutz antritt, zeigte am Ende leider, dass sich unter den Kandidaten dann doch jeder selbst der Nächste ist.
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Hatte Ralf Zanders noch in den ersten beiden Wahlgängen von der Internet-Community und den Fernsehzuschauern jeweils die höchste Punktzahl bekommen, so vereitelte am Schluss die Stimmabgabe der Kandidaten untereinander das Märchen-Ende.
Stürme der Entrüstung auf Facebook und Twitter
Im dritten Wahlgang konnte jeder Kandidat vier Punkte – im Ganzen oder aufgesplittet, denn sonst wäre es ja unkompliziert – an die Gegner verteilen. Und diese Abstimmung war nun leider offen sichtbar. Jeder gegebene Punkt wurde sofort in der Tabelle vermerkt. Und so ging das Mauscheln und Schieben los.
Mit stoischem Blick vergab die Alt-Krautrock-Band Gift aus Bayern alle vier Punkte an Breakdancer Daniel Mordstein und machte ihn so mit einem Punkt Vorsprung zum Sieger vor Ralf Zanders.
Im Studio breitete sich erstarrte Stille aus. Einige Buh-Rufe, vereinzelte und schnell verstummende Klatscher, perplexe Moderatoren. Es hätte kaum deutlicher sein können, dass hier nicht der gewonnen hatte, den sich die Mehrheit eigentlich gewünscht hätte.
Leise waren die Internetnutzer hingegen nicht. Auf der Facebookseite der Krautrocker hagelte es sofort Hass-Kommentare, Twitterer machten ihrem Frust Luft mit Hashtags wie „#gift_ist_scheiße“ oder „giftfürdemokratie“.
Schade, der Glaube daran, mit der eigenen Stimme viel zu bewirken, ist schon am Schluss der ersten Millionärswahl-Sendung verloren gegangen. Und die Wichtigkeit einer geheimen Wahl wohl mehr als deutlich. (abla)