"Mutter muss weg" ist eine Hommage an Loriots "Ödipussy"
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Lesezeit: 3 Minuten
Essen. In „Mutter muss weg“ brillieren Judy Winter und Bastian Pastewka als Mutter und Sohn. Sie sind in inniger Hassliebe verbunden, spielen miteinander Katz und Maus. Und das Ganze so wundervoll wendungsreich, dass der Zuschauer den Ausgang kaum raten kann.
Wenn das kein Dilemma ist: Miteinander können sie nicht, ohne einander aber auch nicht. „Mutter muss weg“(Donnerstag, 20.15 Uhr im ZDF) befindet Tristan als Muttersöhnchen, das nicht erwachsen werden darf. Aber seine überdrehte Mutter Hannelore, gespielt von Judy Winter, scheint ähnlich über ihren Sohn zu denken. Die Komödie wirkt wie eine Hommage an Loriots „Ödipussy“.
Drehbuch-Autor Marc Terjung hat die klassische Konstellation im Umgang mit Sex verdreht: Die junge Generation ist verklemmt, die ältere lässt es 68er-mäßig krachen. Pastewka spielt, wie so oft, einen überkorrekten Mann. Tristan heißt er, aber eine Isolde gibt es nicht in seinem Leben, er lebt allein. Und das hat seinen Grund: Tristans Mutter deckelt den großen Jungen nach Belieben. Er muss ihr zu Willen sein, für eine andere Frau ist da kein Platz.
Tristan versucht, sich mit einer skurrilen Geschäftsidee selbstständig zu machen. Der ewige Junge glaubt, den Retro-Trend bei Frauen ausgerechnet mit nostalgischen Puppenhäusern bedienen zu können. Seine Mutter stampft seine Idee mit Wucht in den Boden.
Keine tränentrübe Therapie-Tragödie
Kein Wunder, dass es in ihm brodelt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich seine extrovertierte, immer noch männerverschlingende Mutter weigert, ihm den Namen seines Vaters nennen. Was lange gärt, wird endlich Wut.
Das klingt nach tränentrüber Therapie-Tragödie. Von wegen. Pastewkas Haus-Autor Terjung macht das exakte Gegenteil daraus, mit Geschick und Geschmack, alles andere als albern. Aus Mordgelüsten wird ein Mordsspaß.
Geschichte zwischen Scherz und Schmerz
Terjungs Geschichte balanciert brillant zwischen Scherz und Schmerz, und sie ist so wendungsreich, dass der Zuschauer ihren Ausgang kaum raten kann. Tristan und Hannelore, in inniger Hassliebe verbunden, spielen miteinander Katz und Maus. Tristan heuert Auftragskiller Josip (Albert Kitzel) an. Seine Mutter, so zäh wie listig, überlebt den Anschlag. Scheinheilig begleitet der Junior die jung gebliebene alte Dame zur Reha. Aber die nach wie vor äußerst lebenslustige Hannelore engagiert eine Masseurin (Rosalie Thomass), die nicht nur die Waffen der Frau einsetzt.
Bei Terjung treffen sich rohe Gewalt und feinsinnige Komik, finstere Psycho-Abgründe und funkelnde Dialoge. Sein Drehbuch arbeitet mit den Mittel einer guten Karikatur: Sie verzerrt nicht, sondern arbeitet durch Überzeichnung das heraus, was sonst nicht recht erkennbar ist.
All-Star-Besetzung läuft in jeder Szene zur Bestform auf
Grimme-Preisträger Edward Berger und Kamerafrau Jana Marsik garnieren den Film mit Bildern, die ihn weit über das übliche Mittelmaß hinausheben. Rückblenden werden optisch leicht von der aktuellen Handlung abgesetzt, in dem die Bilder leicht verblichen wirken. Zudem schwelgen Berger und Marsik im edlen Ambiente der besserbürgerlichen Gesellschaft.
Eine Hommage an Loriot
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Pastewka mimt mit hängenden Schultern und schlurfendem Gang einen Klemmi, dessen Energie, ähnlich wie Donald Duck, bestenfalls strohfeuerartig auflodert. Judy Winter gibt als Hippie-Diva richtig Gas, sie lebt und liebt das kraftvoll Schrille. Dazu kommt, dass das ZDF der Ziegler-Produktion eine All-Star-Besetzung spendierte, die noch in der kürzesten Szene zur Bestform aufläuft.
Bleibt zum Schluss die Frage, warum diese Komödie nicht bei Pastewkas Stammsender Sat.1 läuft. Böse Zungen antworten: Der Film war dem Bällchen-Sender wohl zu intelligent.
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