Köln.. Auch wenn das Zuschauer-Interesse mau ist und Zweifel am Konzept aufkommen: Das Erste steht zu Stefan Raab und Lena Meyer-Landrut. Der ESC habe an „Ernsthaftigkeit“ gewonnen und sei zur „Europameisterschaft des Singens“ geworden.
Gastgeberin war Monika Piel. Aber nicht die erste Vorsitzende der ARD stand nach dem Intendantentreff im Kölner WDR-Funkhaus Wallraffplatz im Mittelpunkt, sondern eine Person, die gar nicht da war: Stefan Raab.
Der Entertainer soll dem Ersten da aufhelfen, wo das Publikum dem öffentlich-rechtlichen Senderverbund am wenigsten zutraut: in der Unterhaltung. NDR-Chef Lutz Marmor verteidigte die Zusammenarbeit mit dem Kölner ProSieben-Moderator. Nachdem Raab Lena Meyer-Landrut zum Sieg des Eurovision Song Contest (ESC) geführt hatte, sei eine „einmalige Situation“ entstanden. Der Wettbewerb habe an „Ernsthaftigkeit“ gewonnen. Er sei zu einer „Europameisterschaft des Singens“ geworden. Für die Titelverteidigung sei die Vorjahressiegerin eine „sehr, sehr gute Kandidatin“.
Dabei nimmt Marmor in Kauf, dass Lena im Vorentscheid gegen Lena antritt, das Erste ihr Album einen ganzen Abend lang bewirbt und ihr Förderer Raab in vielen Funktionen amtiert, als Komponist und Produzent, als Jury-Mitglied und, womöglich, Moderator des ESC-Finales.
Bilanz erst nach Finale
Marmor machte allerdings klar, dass Raab die Sause in Düsseldorf nicht präsentieren dürfe, wenn Fräulein Lena mit einem „Song für Deutschland“ (Titel des Vorentscheids) antrete, den ihr Mentor komponiert habe. Es gebe einen „Plan B“, sagte Marmor. De-tails mochte er nicht nennen. Eine Bilanz will Marmor erst nach dem Finale ziehen.
Laut ARD-Programmchef Volker Herres werden die Kosten des ESC – zwölf Millionen Euro – durch „Umschichtungen“ finanziert. Allein der Verzicht auf die Leichtathletik-Weltmeisterschaft spart vier Millionen.
Ansonsten nimmt die ARD vorerst den Abstand zu Marktführer RTL hin. Herres machte klar, dass das Erste kein eigenes „Dschungelcamp“ einrichte. Quote sei nicht alles.
Verlust der Senioren befürchtet
Das Erste fürchtet, durch allzu grelle Shows sein in der Regel älteres Publikum zu verlieren. Obendrein glauben die ARD-Gewaltigen, das Image der Sendergruppe könne leiden. Das ist im Hinblick auf Spielfilme und Information einer Umfrage zufolge derzeit nicht zu toppen.
Da kam der ARD Kritik ungelegen, die Ereignisse in Ägypten zunächst verschlafen zu haben. Sowohl Infos als auch Bilder müssten „eingeordnet“ werden, entgegnete Piel. Im Übrigen habe Info-Kanal Phoenix ausreichend be-richtet. Zugleich räumte Piel ein, die ARD habe im Programm zu wenig auf „Brennpunkte“ und Phoenix-Beiträge verwiesen. Herres ging gar einen Schritt weiter. Er kann sich Programm-Unterbrechungen wie die „Breaking News“ bei CNN durchaus vorstellen – aber nur bei „dramatischen Ereignissen“. Das gelte auch für Extra-Ausgaben der „Tagesschau“. Apropos „Tagesschau“. Da bleibt die ARD, zum Ärger der Zeitungsverleger, hartleibig. Auf die App der TV-Nachrichten mag das Erste nicht verzichten. Sie sei, hieß es, ein gutes Mittel, die Jugend zu erreichen.