Essen. Bei „The Voice of Germany“ auf ProSieben sorgte ein Kandidat aus Hagen für den Lacher des Abends. Dennis LeGree verwechselte Rea Garvey mit Chris Rea. Was sonst noch geschah? Der „The Voice“-Moderator heulte und mit Gil Ofarim feierte ein Ex-Teenie-Star der 90er sein rockiges TV-Comeback.
„Über diesen Mann spricht morgen ganz Deutschland“. Thore Schölermann, der Moderator von „The Voice of Germany“ kündigt den nächsten Kandidaten an, so als ob Fernsehgeschichte geschrieben würde. Dennis LeGree heißt der Kandidat, er ist ein 58-jähriger Musical-Darsteller aus Hagen-Hohenlimburg. Bei „Hair“ sang er mit, beim “Starlight Express“. Über sich selbst sagt er:„Musik ist Heilung, Musik kommt von oben, ich bin so etwas wie ein Priester der Musik.“
Mehr Getöse geht nicht. Und ja, der „The Voice“-Auftritt mit „Dont’t Let The Sun Go Down On Me“ ist gut. Aber LeGree ist kein zweiter Percival Duke, jener ausgeflippte Kandidat, der in der ersten „The Voice of Germany“-Staffel nachhaltig beeindruckte. Und trotzdem wird der Mann Gesprächsthema sein. Denn nachdem Rea Garvey den Hagener anflehte, in sein Team zu kommen, nickte der Kandidat und sagte zufrieden: „Ich nehme Chris“.
Verwirrte Gesichter. Ein Chris saß auf keinem Jury-Drehstuhl, da sitzen Rea, Nena, Xavier und „The Boss Hoss“. Des Rätsels Lösung: Mit Chris war Rea gemeint. Der Kandidat hatte Rea Garvey für Chris Rea gehalten. Peinlich? Nö. Sympathisch, dass der Kandidat die Jury nicht so gut kannte und stattdessen den Text auswendig lernte. Bei „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) ist es meistens umgekehrt.
Gil Ofarim feiert sein Comeback bei The Voice of Germany
Das Comeback des Abends gelang Gil Ofarim, einem 30-jährigen Mann mit dem Stempel „Ex-Teenie-Star“. Der Sohn von Abi Ofarim wurde Ende der 1990er über Nacht berühmt – durch die „Bravo“-Foto-Love-Story „2 + 2 = Liebe“. Danach sang er Lieder, bei denen Mädchen mit hochrotem Kopf dahinschmolzen: „Round and round and round it goes. And where it stops nobody knows.“ Die „Bravo“-Redaktion druckte seine Fotos auf dem Cover so selbstverständlich wie die von Nick Carter und Leonardo DiCaprio.
Jetzt will Gil Ofarim Rock machen. „Crazy“ von Gnarls Barkley singt er bei „The Voice of Germany“ – und zwar gut. Das Niveau sei unfassbar hoch, sagte er vor seinem Auftritt. Er sei gekommen, um zu bleiben. Er darf bleiben. Die Jury buzzert – und Gil entscheidet sich für „Team Xavier“, weil Xavier Naidoo derjenige sei, der ihn „in den Arsch tritt“.
July Rumpf hat keine Star-Vergangenheit. Die Rechtsanwalts-Fachangestellte aus dem Taunus wirkt fast ein wenig schüchtern, als sie „All This Time“ (Maria Mena) singt. 90 Sekunden später fragt Nena verärgert: „Muss ich hier anstehen?“ Was war geschehen? July Rump hatte mit ihrer schlichten, aber stimmlich anspruchsvollen Darbietung von „All This Time“ (Maria Mena) die Jury überzeugt. Alec Völkel und Sascha Vollmer („The Boss Hoss“) rannten auf die Bühne, um zu kuscheln. Xavier Naidoo gab ein Belohnungsküsschen. Nena musste in die Umarmungs-Warteschlange. So ein Knuddel-Klima mit Bussi-Bonus gibt es in keiner anderen Castingshow im deutschen TV.
Thore Schölermann heulte wegen „Verbotene Liebe“-Schauspielerin
Passend dazu: Jenny Winkler (33), die es nicht in die nächste Runde schafft, wird mit den Worten „Du warst toll. Wir bedanken uns!“ verabschiedet. Sie ist gefasst. Der neue, bisher farblose „The Voice of Germany“-Moderator Thore Schölermann aus Iserlohn hat aber zu kämpfen. Tränen kullern. Der Grund: Jenny Winkler war genau wie er im Cast von „Verbotene Liebe“, der Dauer-ARD-Seifenoper am Vorabend. Die Ex-Soap-Zeit hat zusammengeschweißt.
Jenny Winkler ist raus, Vinh Khuat (22), Student der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover, ist weiter. Er sagt: „Ich bin ein musikalischer Nerd.“ Die lokale Presse sagt: Er sei ein Lionel Richie mit vietnamesischen Wurzeln. Und Xavier Naidoo, sein neuer Coach, sagt nach Vinhs Auftritt mit „Superstition“ (Stevie Wonder) sogar: „Vinh, you can win this show!“
Keye Katcher polarisiert bei „The Voice of Germany“
Für den Sieg ist der nächste Kandidat wahrscheinlich zu polarisierend. Lila, grün, rot – die Haarsträhnen des 21-jährigen KeyeKatcher aus Berlin sind ein Eyecatcher. Passend auch: die glitzernd-lackierten Fingernägel, der fette Lidschatten und die Wimpern, die „medium-echt“ seien. Die Stimme, mit der er „Black and Gold“ (Sam Sparro)performt, klingt überraschend gut und interessant. Keye entscheidet sich für „The Boss Hoss“ als Mentoren bei "The Voice of Germany".
Die freuen sich: „Freaky Erscheinung, da machen wir was draus.“ Sie versprechen, dass sie sich Schminktipps austauschen werden. Welche Sprüche Dieter Bohlen jetzt wohl auf der Zunge gehabt hätte?
Während die vergangene „Popstars“-Staffel (ProSieben) beim Publikum desaströs scheiterte, „X Factor“ (Vox) im Quoten-Mittelmaß dümpelt und „DSDS“ (RTL) weit von früheren Traumquoten entfernt ist, konnte „The Voice of Germany“ die Quoten im Vergleich zur ersten Staffel sogar steigern. In der Gruppe der 14-bis 49-Jährigen (nicht im Gesamtpublikum!) lockte „The Voice of Germany“ mehr Zuschauer als das ZDF am Mittwochabend mit dem spannenden BVB-Sieg gegen Real.
Sat.1 startet „The Voice Kids“
Das „System Castingshow“ setzt normalerweise auf Sexualisierung, Schicksalsschläge und Skandale. „The Voice“ konzentriert sich auf das Wesentliche, den Gesangswettstreit – oder das „neoliberale Konzept eines Performing des Selbst, das Versprechen: ‚Jeder kann ein Star sein.‘“, wie es die Berliner Professorin für Kommunikationswissenschaft, Margreth Lünenborg, gegenüber der WAZ-Mediengruppe formulierte.
Demnächst sucht Sat.1 auch Kinder zur Vermarktung. Sat.1 kündigte am Donnerstag eine „The Voice Kids“-Ausgabe an. Nun ja. Chris Rea, äh, Rea Garvey sollte wenigstens dann Mal zur Abwechslung „fuck“ aus seinem Sprachgebrauch streichen.