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Für Eltern, deren Kinder als vermisst gelten, wird das Leben zum Alptraum. In einem „Aktenzeichen XY“-Spezial berichteten Betroffene über ihr Schicksal. Zu Gast war auch die Mutter der jahrelang gefangen gehaltenen Natascha Kampusch.
Vier Jahre sind seit dem Verschwinden der lebenslustigen Lehramtsstudentin Tanja Gräff vergangen. Die Meldungen über die junge Frau, die das letzte Mal im Parkhaus der Fachhochschule Trier gesehen wurde, sind noch präsent. Nach dem Sommerfest auf dem Uni-Gelände verschwand sie spurlos. Ihre Eltern beten noch heute jeden Tag für sie. Die Verzweiflung, die Hilflosigkeit und die tiefe Trauer lassen nicht nach.
1700 Kinder gelten in Deutschland als vermisst. Ihnen widmete die Fahndungssendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ am Mittwochabend ein Spezial, das erste in der 44-jährigen Geschichte der Sendung. Ein schlimmeres Schicksal als die Ungewissheit über den Verbleib des eigenen Kindes gebe es nicht, erklärte Psychologe und Trauma-Experte Dr. Georg Pieper. Das Leben wird für die Eltern zum Alptraum.
Moderator Rudi Cerne beschäftigte sich in seiner 90-minütigen Sendung mit vier Fällen vermisster Kinder. Großeltern, Geschwister und Eltern der Opfer kamen zu Wort. Für sie alle stellte der Auftritt in „Aktenzeichen XY... ungelöst“ einen letzten verzweifelten Versuch dar, Gewissheit über das Schicksal der Vermissten zu erlangen.
Natascha Kampuschs Leben
„Geht es ihm gut? Hat er genug anzuziehen? Ist er satt?“
Dass nach jahrelangen vergeblichen Ermittlungen – wie etwa im Fall des seit 1993 vermissten Emin Önen – Hinweise von Fernsehzuschauern doch noch zu einer Verbrechensaufklärung beitragen können, mag man für unwahrscheinlich halten. Die Aufklärungsquote der Fahndungssendung liege aber bei 42 Prozent, so Cerne.
Es sind scheinbar banale Fragen, die sich die Mutter des zum Zeitpunkt seines Verschwindens zehnjährigen Emin Önen stellt. „Geht es ihm gut? Hat er genug anzuziehen? Ist er satt?“ Wenn sie aber von einer Frau kommen, die ihr Kind seit 18 Jahren nicht mehr gesehen hat, entwickeln sie eine Wucht, die zu Herzen geht.
Die Hoffnung nie aufgeben
Auch das Schicksal des kleinen Felix, der 2006 im Alter von zwei Jahren von seinem Vater entführt wurde und seitdem spurlos verschwunden ist, oder der Fall eines 15-jährigen Mädchens, das nach einer Feier nicht mehr nach Hause kam, bewegten die Zuschauer. Die vorgestellten Fälle riefen die Erinnerung an das schreckliche Schicksal des vor einigen Monaten tot aufgefundenen Mirco aus Grefrath wach. Ganz Deutschland bangte und trauerte mit seiner Familie.
Groß angekündigt hatte das ZDF den Auftritt von Brigitta Sirny. Die Geschichte ihrer Tochter Natascha Kampusch, die acht Jahre lang in einem Kellerverließ gefangen gehalten wurde, ist wohl der berüchtigste Vermisstenfall. Der jungen Frau gelang 2006 die Flucht. Ihre Mutter aber erzählt nicht viel, nicht länger als drei Minuten ist sie auf Sendung. Einen Ratschlag an die betroffenen Eltern könne sie nicht geben, sagt Sirny: Das Wichtigste sei, die Hoffnung nie aufzugeben.