Konstanz..

Eva Mattes hat es von allen Tatort-Kommissarinnen am schwersten. Doch auch ihren 18. Fall „Der schöne Schein“ löst sie souverän mit einem fulminanten Showdown auf dem Bodensee.

Ludwigshafen, Bremen, Hannover und Leipzig sind relativ leichte Städte, in denen man als Tatort-Kommissarin unterwegs sein darf. Und selbst wenn Maria Furtwängler im niedersächsischen Hinterland an einer Haustür klingelt und sich mit den Worten vorstellt „Guten Tag, Lindholm, LKA!“, dann weiß jeder sofort, dass damit eine ermittelnde Behörde und keine Vertreterin einer Drückerkolonne vor der Tür steht.

Aber Konstanz ist vollkommen anders. Immer haarscharf an der Grenze zwischen Idylle und Langeweile, den riesigen Bodensee in stadtbildprägender Nähe und die mächtige Schweiz mit dem glamourösen Zürich und attraktiven Skigebieten direkt nebenan. In diesem Szenario ist es klar, dass dort die Menschen gerne auf seltsame Ideen kommen. Und hier kann nur die fassbindererfahrene Eva Mattes ermitteln.

Mordserie in einer noblen Schweizer Schönheitsklinik

Dr. Gloria Riekert (Ursina Lardi) zeigt Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) das Feng Shui-Aquarium, in dem acht Fische für inneren Reichtum und Ausgeglichenheit stehen. Perlmann allerdings stellt fest, dass einer fehlt - und er ahnt auch, wo der hingekommen ist. © SWR/Peter Hollenbach
Dr. Gloria Riekert (Ursina Lardi) zeigt Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) das Feng Shui-Aquarium, in dem acht Fische für inneren Reichtum und Ausgeglichenheit stehen. Perlmann allerdings stellt fest, dass einer fehlt - und er ahnt auch, wo der hingekommen ist. © SWR/Peter Hollenbach © Unbekannt | Unbekannt

In ihrem aktuellen Fall muss Klara Blum eine kleine Mordserie unter den leitenden (deutschen) Ärzten einer noblen Schweizer Schönheitsklinik aufklären. Das ist auch der erste Kreis der Verdächtigen, auf den sich der Schweizer Kommissar Reto Flückinger (Stefan Gubser) und seine deutsche Kollegin in einem munteren Amtshilfeverfahren stürzen. Einmal küssen sie sich sogar, aber da ist schon klar, dass Flückinger sich nach Luzern versetzen lässt. Der Vierwaldstättersee ist auch gemütlicher und überschaubarer als der Bodensee.

Die Schönheitsfarm bietet das komplette Programm von esoterisch anmutenden Wohlfühlanwendungen bis hin zu den neuesten Angeboten der ästhetischen Chirurgie. Das ist nichts für Kassenpatienten, und die Ärzte leben auch in fantastischen Häusern mit chicen Ingo-Maurer-Lampen, die man eher im Architectural Digest findet und nicht am Vorabend in der Doku-Soap Mieten, kaufen, wohnen.

Assistent Kai Perlmann lässt sich dann undercover in diese Klinik mit einem Burnout-Syndrom einweisen und macht dort erstaunliche Entdeckungen, zum Beispiel bei einer kleinen Einführung in die wundersame Welt der unterschiedlichen Modelle von Brustimplantaten. Aber genau in dem Moment, in dem man meint, jetzt kommt ein schöner Erklärbeitrag wie aus der Sendung mit der Maus, wird diese Sequenz beendet. Da wäre sicherlich mehr drin gewesen.

Morde bleiben eher klassisch im Agathe-Christie-Stil

Dem Fan der Tatortkommissarinnen ist ziemlich früh - spätestens bei dem schönen Seitenhieb zum Schweizer Frauenwahlrecht - klar, dass das Drehbuch von einer Frau (Susanne Schneider) stammt. Männliche Drehbuchautoren lassen die Kommissarinnen ab und zu ziemlich deppenhafte Aktionen ausführen oder erleben. Hier passiert so etwas nicht und die Morde bleiben eher klassisch, im Agathe-Christie-Stil, auch wenn man sie mit ihren zu decodierenden Rätselbeilagen schon in eine CSI-Folge packen könnte. Etwa gegen fünf vor halb zehn wird man dann auch ganz tatorttypisch wissen, wer der Täter ist.

Johann von Bülow, am letzten Sonntag im Tatort noch Geschäftsführer in einem Kölner Zeitungshaus, ist jetzt Anästhesist Peter Marquardt, wird aber in diesem Bodensee-Tatort – soviel sei verraten – den Showdown nicht mehr erleben. Die abschließende Tätersuche und Verfolgungsjagd bringt Klara Blum mit einer Mischung aus weiblicher Intuition und kriminalistischer Erfahrung zu einem erfolgreichen Ende: Sie bestimmt ziemlich präzise – ohne den Einsatz von Radar, GPS oder ähnlichen Hilfsmitteln – den Standort des gesuchten Schiffes mit dem Tatverdächtigen auf dem Bodensee.