Essen. In der Show von Günther Jauch hat am Sonntag ein offenbar verwirrter Mann vor laufenden Kameras die Bühne gestürmt. Der Moderator reagierte souverän auf den Zwischenfall – und diskutierte mit seinen Gästen über Uli Hoeneß. Der Bayern-Funktionär steht in dieser Woche wegen Steuerbetrugs vor Gericht.
Ein offenbar verwirrter Störer wurde bei Günther Jauch am Sonntag zum traurigen „Star“ des Abends. Damit hatte niemand gerechnet. Denn eigentlich sollte doch eine ganz andere gescheiterte Persönlichkeit im Mittelpunkt stehen: Bayern-Boss Uli Hoeneß.
Muss Uli Hoeneß ins Gefängnis? Eine Antwort auf diese Frage wird in dieser Woche im Münchener Landgericht gesucht. An vier Verhandlungstagen wird es darum gehen, welche Konsequenzen der Steuerbetrug des einstigen Vorzeige-Unternehmers nach sich ziehen wird. Die ganze Republik wird bei dem Prozess zusehen. Da lag es für die Redaktion von Günther Jauch nahe, das Thema bereits am Sonntagabend aufzugreifen.
Hoeneß ist bereits beschädigt
„Wir alle haben heute schon eine Meinung dazu“, sagte Jauch zu Beginn der Sendung. Und tatsächlich, seit Hoeneß’ Machenschaften öffentlich geworden sind, wird landauf-landab nicht nur an den Stammtischen darüber diskutiert. Egal wie der Prozess ausgeht, die Marke Hoeneß hat bereits Schaden genommen.
Aus diesem Grund mahnt der evangelische Theologe Wolfgang Huber, lange Jahre Vorsitzender des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland, auch dazu, den Fall von Steuerhinterziehung von der Person Hoeneß losgelöst zu betrachten.
"Freiheit! Freiheit! Alles Verarschung!"
Während Huber spricht, wird er unterbrochen. Ein Mann stürmt vor laufenden Kameras aus dem Publikum auf ihn zu. Huber hält erschrocken inne, Jauch steht auf. Der namenlose Mann brüllt: „Freiheit! Freiheit! Alles Verarschung!“ Immer wieder. Zwei Helfer bringen ihn zu Fall und tragen ihn aus dem Studio.
„Ich weiß nicht, was der Herr wollte“, sagt ein erstaunlich gelassener Günther Jauch. „Das ist ja nicht das erste Mal, dass so etwas passiert. Wir werden versuchen, festzustellen, was der Mann wollte.“ Im Mai 2012 hatte es einen ähnlichen Vorfall in der Sendung gegeben. Jauch hatte damals den Mann nach seinem Abtransport zurück ins Studio gebeten, um mit ihm über seine Probleme zu sprechen. Das war am Sonntag offenbar nicht möglich. Später liefert Jauch dann aber eine Erklärung nach: Private Probleme mit seiner Wohnung hätten den Mann veranlasst, die Sendung zu stören.
Jauch reagiert souverän auf den Störer
Während Jauch in dieser Ausnahmesituation beweist, dass er seine Sendung im Griff hat, zeigt er auch als Moderator, dass er die Diskussion über Uli Hoeneß souverän lenken kann.
Als Talk-Gast Edmund Stoiber, der einstige bayrische Ministerpräsident, für seinen Freund Hoeneß eine Lanze brechen will („Eines muss ich deutlich machen: Er wollte sich ehrlich machen!“), hakt Jauch nach: „Aber wollte er sich nicht erst ehrlich machen, als sein Kopf schon in der Schlinge war?“
Für Stoiber ist Hoeneß unverzichtbar
Stoiber macht keine gute Figur: Wer den CSU-Mann reden hört, kann den Eindruck bekommen, dass er strafrechtliche Konsequenzen für Hoeneß als überflüssig erwachtet, da der arme Kerl bereits genug bestraft sei. „Hoeneß ist für uns unverzichtbar“, sagte Stoiber, der auch im Aufsichtsrat des FC Bayern sitzt. Außerdem hat er ja so viel für den Verein getan, und man müsse ja auch an die Fans denken, die alle hinter ihrem Präsidenten stehen...
Das nimmt Jauch zum Anlass, bei Stoiber nachzuhaken, warum der FC Bayern noch immer an Hoeneß festhält. Als Antwort hört er dann, es sei ja noch kein Urteil gesprochen worden, das dessen Schuld feststellt. Da kontert Jauch: „Aber er hat es doch zugegeben. Da ist doch egal, wie das Urteil aussieht.“
Vereinsgeld verwurstet? Haha
Wie konnte Wurstfabrikant Uli Hoeneß überhaupt solch ein Vermögen anhäufen, will Jauch dann noch wissen: „Herr Stoiber, können Sie ausschließen, dass der FC Bayern etwas damit zu tun hat? Dass da vielleicht sogar Vereinsgelder verwurstet worden sind?“ Gewollter Wortwitz? Stoiber geht nicht drauf ein, sagt, er könne es ausschließen. Dann ist ja gut.
Neue Erkenntnisse lieferte die Sendung jedenfalls keine. Wer hätte das auch erwartet? Wirklich spannend wird doch, was in dieser Woche im Gericht passiert.