Essen.. Hähnchen bekommen acht verschiedene Antibiotika, für Rinderfutter wird Regenwald abgeholzt und so manche Familie verbringt ihren Sonntag lieber bei Mc Donald´s als beim Braten in der heimischen Küche. Es steht schlecht um die deutsche Ernährungskultur. Darüber aufregen kann sich bei „Hart aber fair“ allerdings kaum jemand – denn radikale Stimmen gab es nicht.
Mit Fast-Food verhält es sich so ähnlich wie mit Trash-TV: Wir wissen, wie schlecht das ist, was dort in Fernsehstudios oder Hähnchenmastanlagen produziert wird – und trotzdem konsumieren wir es. Nachdem die ARD am Montagabend erst McDonald´s unter die Lupe genommen hat, diskutiert man auch bei Frank Plasberg über die Frage, was der Preiskampf mit billigen Lebensmitteln anstellt und was der Verbraucher dagegen tun kann. „Billg, schnell und fett – machen Burger und Discounter unser Essen kaputt?“ ist der Titel der Sendung. Schnell herrscht Einigkeit: Billig ist nicht immer gut. Im Gegenteil.
Trotzdem: Keiner der Gäste kann von sich behaupten, noch nie eine McDonald´s-Filiale betreten zu haben. Es ist nun einmal praktisch, schnell, und „ach, das Mit-den-Fingern-Essen, das ist einfach schön“, sagt Yvonne Willicks. Doch die Hauswirtschaftsmeisterin, die beim WDR Familien beim Einkauf berät, ist sich sicher: Selbst gekocht schmeckt es immer noch am Besten. Für vier Portionen selbst zubereitetes Möhrengemüse, Frikadellen und Salat bezahlt sie in einem Testeinkauf nur knapp 15 Euro. Bei der Burgerkette zahlt eine vierköpfige Familie dagegen rund 26 Euro, um einigermaßen satt zu werden. Willicks warnt: „Viele Leute wissen heute nicht mehr, wie man so ein leckeres, einfaches Essen zubereitet.“
Slow Food made in Berlin-Kreuzberg
Das meint auch Peer Kusmagk. Der Schauspieler und amtierende RTL-Dschungelkönig betreibt ein Restaurant in Berlin-Kreuzberg. Hier gibt es nur Slow Food: Jede Sauce, jedes Dessert sei frisch zubereitet, nicht einmal Tiefkühlprodukte verwende er in seinem Lokal. „Unsere Gäste bleiben oft drei bis vier Stunden, man nimmt sich bei uns einfach Zeit fürs Essen.“ Schnell ist der Sprung nach Frankreich gemacht, „der Franzose an sich achtet mehr auf gutes Essen als wir“, weiß Peer Kusmagk.
Den Tisch hübsch decken, sich Zeit nehmen, gutes Essen: Auch Bundestagsabgeordneter Friedrich Ostendorff (Bündnis 90/Grüne) vertritt die alten Werte der Esskultur. Gemeinsam mit seiner Frau leitet er einen Bio-Bauernhof, er wettert gegen industrielle Massentierhaltung. Kaum jemand würde sich wohl öffentlich für Tierquälerei aussprechen – dennoch isst jeder Dritte ein bis zweimal die Woche Fast Food, mit dem Wissen, dass billiges Fleisch nun mal auch billig produziert wird.
Keiner wird gezwungen, Fast Food zu essen
Als einziger Gegenpol sitzt Matthias Horst in der Runde. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie betont in fast jedem Satz, wie sehr er die Vielfalt in Deutschland schätze. „Niemand zwingt Sie, Fast Food zu essen“, meint er, nennt die Strategie von McDonald´s eine „geniale Idee“. Industriell gefertigtes Essen müsse nicht immer schlecht sein. Und ein mündiger Verbraucher müsse sich nicht irregeführt fühlen, meint er.
Dabei beweist der „Markendetektiv“ Stefan Duphorn, dass in vielen Discounter-Verpackungen Markenprodukte stecken: Milchreis, Eierlikör, Fleischsalat – die Artikel kommen aus der gleichen Firma, und doch gibt es erhebliche Preisunterschiede. Das ist jedoch keine Neuigkeit – kaum vorstellbar, dass ein mündiger Bürger diese Tatsache noch nicht mitbekommen hat.
Warum kein strenger Vegetarier, kein Mastanlagenbesitzer, kein Mensch mit geringem Einkommen zu Wort gekommen ist – man weiß es nicht. Am Ende der Sendung herrscht zwischen den Diskussionsteilnehmern zumindest scheinbar traute Einigkeit. Nur Manuel Andrack, der einen viel zu geringen Redeanteil hat, bringt es auf den Punkt: „Wir alle, die wir hier sitzen, können uns gutes Essen leisten, ohne auf andere Dinge verzichten zu müssen. Und Geringverdiener fragen sich vielleicht bald, ob sie nicht lieber auf billiges Fleisch verzichten.“