München. Die Rundumerneuerung der ARD-Vorabendserie "Marienhof" in neuer Kulisse ist ab Montag ausgiebig zu sehen. Gleichzeitig denken die ARD-Verantwortlichen über neue Sendezeiten im Vorabendprogramm nach. Für ARD-Programmdirektor Volker Herres ist der "18.50-Uhr-Platz ist ein verfluchter Platz".

ARD-Programmdirektor Volker Herres am neuen Set der ARD-Serie
ARD-Programmdirektor Volker Herres am neuen Set der ARD-Serie "Marienhof". (c) ddp © ddp | ddp





Täuschend echt sieht die "Aussicht" über "Köln" aus: Dom, Häusermeer, der Himmer leicht diesig. Die Bühnenbildner für die ARD-Vorabendserie "Marienhof" haben ganze Arbeit geleistet im neuen, scheinbar über den Dächern der Stadt gelegenen Büro von Serienbösewicht David Verhaag (Christian Volkmann). Sein Arbeitsplatz ist nur eine von sieben neuen Kulissen, die die Inszenierungen der seit Oktober 1992 laufenden Endlos-Soap "authentischer" machen sollen. Am Montag, 19. Oktober werden sie den Fernsehzuschauern im Lauf der Serie erstmals ausgiebig vorgestellt.

"Es ist wichtig, eine Serie, die so lange läuft, neu zu pushen", sagt ARD-Programmdirektor Volker Herres, als er die Sets in den Bavaria Filmstudios unweit von München in Augenschein nimmt. Kein Aufwand wurde gescheut, um die Zuschauer nach 3690 Folgen bei der Stange zu halten: 3,5 bis 4 Millionen Euro wurden insgesamt in den Relaunch investiert.

Kombination aus Waschsalon und Internetcafé




Mit einer großen Explosion war die neue Ära in der Vorabendserie im Juni eingeleitet worden. Die Einkaufsgalerie des fiktiven Kölner Stadtviertels, bis dato Hauptaustragungsort von Liebesgeschichten, Schicksalsschlägen und Intrigen, stürzte ein und begrub Schauplätze wie das "Café Latte", den Gemüseladen "Möhre" oder den Blumenladen unter sich. Ein großer Knall, der Platz schaffte für neue Kulissen und neue Geschichten.

Statt Blumen zu verkaufen, betreibt Serien-Urgestein Inge Busch (Viktoria Brams) - als einzige Schauspielerin ist sie seit der ersten Stunde dabei - nun eine Kombination aus Waschsalon und Internetcafé. Kerstin Töppers (Maike Billitis) geht in der Konditorei "Back Dat" endlich ihren Weg und Toni Verhaag (Sandra Koltai) entdeckt, dass sie die Arbeit als Rettungsassistentin viel mehr interessiert als Kosmetik bei "Beauty Susi".

Zurückgeholte Charaktere und neue Geschichten

Die alte Einkaufsgalerie ist nach einer Explosion eingestürzt. © ARD/Jo Bischoff
Die alte Einkaufsgalerie ist nach einer Explosion eingestürzt. © ARD/Jo Bischoff © ARD/Jo Bischoff | ARD/Jo Bischoff





"Die Galerie hätte man auch in Wirklichkeit modernisieren müssen. Das war keine Erlebniswelt mehr, wo man gerne hingeht", ist Produzent Simon Müller-Elmau von der Notwendigkeit neuer Kulissen überzeugt. Zudem sollte den Zuschauern frei nach dem Titelsong suggeriert werden, "da ist was passiert - ihr müsst mal wieder gucken".

Denn auch wenn die montags bis freitags um 18.25 Uhr ausgestrahlte Serie im Vergleich zum nachfolgenden Sendeplatz um 18.50 Uhr vergleichsweise gut dasteht: Auf die Quote geschaut wird auch hier. Schon jetzt zeigen neue oder wieder zurückgeholte Charaktere, neue Geschichten und ein neuer Handlungsrahmen Wirkung: Vom ersten bis zum dritten Quartal hat die Quote dem ARD-Programmdirektor zufolge "angezogen". Zwar "nicht dramatisch, aber die Richtung stimmt".

Um diese Richtung zu halten, will die Serie "jugendlich", "modern", aber "nicht abgehoben schick", "frisch" und "frech" wirken, wie Redaktionsleiterin Caren Toennissen sagt. Neben Kulissen und Dekorationen habe sich auch bei der Bildsprache viel verändert.

18.50-Uhr-Platz ist ein verfluchter Platz

"Marienhof"-Urgestein: Viktoria Brams alias Inge Busch. (c) ddp © ddp | ddp





Mit schnelleren Schnitten, mehr Bewegung in der Kameraführung und größeren Sprüngen in der Erzählweise hoffen die Macher, Stammzuseher wie jüngere Fans der Serie vor den Fernseher zu locken. Denn auch wenn "Marienhof" laut dem Geschäftsführer der Produktionsfirma Bavaria, Jan Kaiser, eine "bodenständige Fangemeinde" hat: "Die Zuschauer wollen heute gefangen werden, statt sich wie früher nur unterhalten zu lassen."

Gleichzeitig erwägt die ARD, neue Sendezeiten im Vorabendprogramm einzuführen. "Der 18.50-Uhr-Platz ist ein verfluchter Platz", sagte ARD-Programmdirektor Volker Herres im Interview bei einer Begehung des neuen "Marienhof"-Sets bei München. Das Erste habe dort schon viele verschiedene Formate wie die Serie "Türkisch für Anfänger", die Stylingshow "Bruce" oder zuletzt "Eine für alle - Frauen können's besser" gezeigt. "Wir haben schon viel ausprobiert, aber nichts hat wirklich funktioniert. Daher müssen wir uns allmählich fragen: Liegt es am Programmangebot oder liegt es an dem Sendeplatz?"

ARD denkt über neue Anfangszeiten nach

Neue Marienhof-Kulisse: Das luxuriöse Loft-Büro des Rechtsanwalts und Unternehmensberaters David Verhaag mit Ausblick auf Köln. © ARD/Jo Bischoff
Neue Marienhof-Kulisse: Das luxuriöse Loft-Büro des Rechtsanwalts und Unternehmensberaters David Verhaag mit Ausblick auf Köln. © ARD/Jo Bischoff © ARD/Jo Bischoff | ARD/Jo Bischoff





Auch die Nachfolgesendung der gefloppten Vorabendserie "Eine für alle", das neue ARD-Wissensquiz "Das Duell im Ersten", werde es "nicht leicht haben", fürchtet Herres. In der Sendung tritt jeweils ein Prominenter gegen einen Zuschauerkandidaten an, moderiert wird das Vorabend-Quiz von Florian Weber. Zu sehen ist die neue Sendung erstmals am Dienstag (20. Oktober).

"Weber hat Talent, ich glaube an ihn", sagte Herres. Dennoch überlege die ARD, langfristig die Programmstruktur "vielleicht ein bisschen zu verändern". Möglich sei dies ab Mai, wenn "Das Quiz mit Jörg Pilawa" ausläuft. "Vielleicht werden wir dann andere Anfangszeiten einführen", sagte er.

Die vielen Sendungswechsel im Vorabendprogramm machten es nicht einfacher, diesen Sendeplatz zu bespielen. "Wir müssen die Leute erst wieder daran gewöhnen und sagen: Da ist was." (ddp)