Essen. Mit „Tanzhommage an Queen” huldigt Ben Van Cauwenbergh am Essener Aalto-Theater sehr dekorativ einer der ganz großen Rockgruppen. Neben dem Ensemble sind die visuellen Effekte echte Hingucker.

Die Essener Kinder: einfach klasse.
Foto: Björn Hickmann
Die Essener Kinder: einfach klasse. Foto: Björn Hickmann © Bj?rn Hickmann/ stage picture Gm

Es war ein Premieren-Wochenende der Gegensätze in Essen: Ibsens „Volksfeind” im Grillo-Theater knüpfte an die politische Realität an (die Kritik folgt), „Tanzhommage an Queen” im Aalto-Theater stand ganz im Zeichen der Wirklichkeitsflucht.

Viel Applaus gab es im einen, noch viel mehr im anderen Haus. Zur Freude des neuen Ballettchefs Ben Van Cauwenbergh, der nach „La Vie en Rose” erneut als Choreograf in Erscheinung trat und sich am Ziel seiner Wünsche sah: Sein Publikum fühlte sich gut unterhalten.

Zu Beginn Irritation beim großen Showbrimborium. Aus Trockeneisnebel ragt eine leuchtende Krone mit weißem Umhang heraus, dem das Ensemble entsteigt. Adeline Pastor singt live „We Will Rock You”, doch kaum ein Zuschauer reagiert auf ihre Animation zum Mitklatschen. Ein Konzertmitschnitt von Queen aus dem legendären Konzert im Londoner Wembley Stadion trifft auf eine lässliche Imitation des charismatischen Frontmanns Freddie Mercury. Doch spätestens beim Thema Liebe ist das Eis gebrochen.

Spätestens beim Thema Liebe ist das Eis gebrochen

Schnell offenbart sich die bemerkenswerte Stilvielfalt, für die die britische Rockband in den 70er und 80er Jahren bekannt wurde und die Van Cauwenbergh fasziniert hat. Von Rock 'n' Roll bis zur Ballade, von Pop bis zur Opernparodie bedient er sich an der ganzen Bandbreite, die mit Hits wie „Bohemian Rhapsody” und Hymnen wie „We Are the Champions” ins kollektive Gedächtnis eingebrannt sind. Mehr als zwei Dutzend Songs halten den Tanzabend zusammen. Sie wirken garantiert und generationenübergreifend, auch ohne roten Faden oder gar die Geschichte der Band.

Das Bewegungsrepertoire, das klassische wie moderne Elemente umfasst, erscheint bei den Ensemble-Einsätzen oft schlicht, ist aber stets präzise auf die Bühne gebracht. Die Soli und Pas de deux' haben nicht nur tänzerisch mehr zu bieten. In „Love of My Life” zelebrieren Yulia Tsoi und Tomás Ottych sehr innig die Anziehungskraft der Liebe, während Ana Sánchez Portales und Dragan Selakovic in „I Want to Break Free” – durchaus mit Witz – die Szenen einer Ehe auskämpfen.

Magische Effekte

Die nächsten Premieren

Der Essener Ballettchef Ben Van Cauwenbergh setzt im laufenden Spielplan auf Vielfalt. Nach seinem romantischen Ballett „La Vie en Rose” und der rockigen „Tanzhommage an Queen” hat am 18. April der dreiteilige Abend „Home and Home/Ptah/This is Your Life” Premiere. Im Mittelteil zeigen Tänzer aus dem Essener Ensemble, aber auch aus Kiel und Hagen eigene Choreografien. Mit „Coppélia” von Roland Petit (ab 21. Juni) beschließt ein moderner Ballettklassiker die erste Saison von Ben Van Cauwenbergh.

Man könnte Ben Van Cauwenbergh Kalkül unterstellen, wenn er im zweiten Teil „We Will Rock You” mit einem Kinderballett präsentiert. Doch die Schüler aus dem Fachbereich Tanz des Gymnasiums Essen-Werden brauchen keinen Niedlichkeitsbonus. Sie meistern ihren Part hervorragend. Dagegen haben groteske Nummern wie „Lazing on a Sunday Afternoon” keine Chance.

Ein echter Hingucker sind neben dem starken Ensemble die visuellen Effekte von Dmitrij Simkin. Er unterstreicht die emotionalen Momente, den ironischen Charakter der Songs und stellt spannungsreiche Bezüge zwischen Bühne und Leinwand her. Da fesseln wie bei „Another One Bites the Dust” atemberaubende Videos. Tänzer, die zwischen Leinwände gezogen werden oder ihnen Konturen einer Totenmaske geben, sorgen für magische Effekte.

Zum Schluss gibt es ihn noch, den biografischen Bezug. Ein Männer-Pas de deux spielt auf Freddie Mercurys Homosexualität an, „The Show Must Go On” auf seinen Aids-Tod 1991.

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