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Man bekommt ziemlich schnell mit, ob ein Festival von Musik handelt oder davon, Tickets zu verkaufen. Sagt Paul Wilkinson. Sänger der Band Duke Special. In der Dokumentation „Feine kleine Dorfmusik – Das Haldern Pop Festival am Niederrhein“.
Haldern Pop handelt von Musik. Das Festival im niederrheinischen Rees-Haldern hat sich von einer lokalen Dorffete – auf einer alten Pferdewiese – in 28 Jahren zu einer international renommierten Veranstaltung entwickelt. Zu einem Botschafter des Niederrheins.
Das Berliner Künstlerduo SpringerParker und Stefan Daub haben in Kooperation mit WDR „Rockpalast“ die Dorfmusik-Doku produziert. Es gibt keinen Erzähler, der Hintergründe erklärt. Es wechseln sich Beobachtungen, Interviews und Konzerte ab. Ein künstlerisch höchst ästhetischer Film, der die Atmosphäre in Momentaufnahmen festhält, ist entstanden.
Von enormer Klangqualität sind die Mitschnitte der Live-Auftritte geprägt. So ist es dem Zuschauer möglich, die intensive musikalische Erfahrung etlicher Auftritte des Festivals 2010 nachzuempfinden. Ob der mitreißende Song „Becoming a Jackal“ von den Villagers, „Citylights“ von der spielfreudigen Sophie Hunger oder „White Blank Page“ von Mumford & Sons – vielleicht der Höhepunkt des Festivals, den SpringerParker auch konsequent ans Ende der Doku setzten. Fast beiläufig fällt auf, wie aufmerksam das Publikum lauscht. Typisch Haldern.
Der Zuschauer bekommt die Chance, den Charakter des Umfelds zu verstehen. Etwa die lebendige Gemeinschaft im Dorf. Es geht einem das Herz auf, wenn man sieht, wie die Popblagen – so heißen die Kinder der 374 ehrenamtlichen Helfer – gemeinsam auf einem Fleckchen jenseits des Festival-Areals herumtollen, während ihre Eltern zum Gelingen des Festivals beitragen. Eine selbst gebastelte mobile Dusche auf einem Trecker-Anhänger ist „als Sinnbild der gut gemeinten Improvisation“ zu verstehen, findet Festivalmacher Stefan Reichmann. Es zeige, dass diese Veranstaltung „nicht von Verordnungen gegeißelt“ sei.
Leicht hätte das Haldern Pop längst mehr als die maximal 5500 zahlenden Zuschauer im Jahr haben können. „Aber das würde den Charakter zerstören“, erklärt Simon Angell von der Band Thus:Owls in der Doku. So sehen es auch die Halderner.
Die feinen kleinen Events liegen im Trend, wenn man Martin Elbourne, dem musikalischen Leiter des großen englischen Glastonbury-Festivals, glaubt: „In Zukunft wird es mehr Nischen-Events geben, es gibt nicht genügend große Bands.“
Reichmann könnte sich
Folgedoku vorstellen
„Der Film schreit nach einer Folgedoku“, sagt Stefan Reichmann. Während SpringerParker und Daub künstlerisch die Stimmungen im Augenblick auffangen, böte es sich an, die ganze Haldern Pop-Geschichte und -Philosophie auf den Punkt zu bringen: noch mehr Fakten, „noch greifbarer“, so Reichmann.
- Die Doku gibt’s im Netz unter www.wdr.de/tv/rockpalast. Auf „Videos“ klicken und über die Alphabet-Suche „Feine Kleine Dorfmusik“ anklicken.