Oberhausen. Blitze sind nur Stroboskop-Einschläge und ein Donner der fetteste Bass der Welt: 36 000 Tekknoide feierten bei "Ruhr in love" in Oberhausen - mehr als je zuvor.
Lord give me grace and dancing feet / And the power to impress / Lord give me grace and dancing feet / Let me outshine them all Bloc Party: The Prayer
Wenn der Bass wieder einsetzt, ist das wie kurz nach dem ersten Scheitelpunkt auf der Achterbahn. Dann kreischen sie alle, werfen die Arme in die Luft, tauchen ab in die Tiefe der Musik und lassen es einfach mit sich geschehen. Als Außenstehender, also neben der Tanzfläche, kann man das natürlich nicht wissen. Deshalb ist es für die meisten Menschen wohl ein Rätsel, was am Samstag der Krach im Olga-Park sollte, Oberhausens ehemaliger Landesgartenschau. Für Raver aber ist Ruhr in Love die beste Gartenparty des Jahres.
36 000, so viele wie nie, tanzten auf den Wiesen im Stadtteil Osterfeld. In diesem Jahr, in dem sie ohne Loveparade auskommen müssen, ist das siebte „elektronische Familienfest” eine willkommene Alternative. Anders als bei der Liebesparade quälen sich hier keine Techno-Laster durch die Massen. Getanzt wird auf 33 „Floors”, bereitgestellt von Clubs, Labeln und Party-Machern. Die Ausstattung reicht dabei vom einfachen Gartenpavillon mit zwei Plattenspielern und Lautsprechern bis zur meterhohen DJ-Kanzel mit Spiegelkugeln und Gogo-Tänzerinnen auf Emporen.
Mehr als 300 DJs
Klar, für zehn Stunden Dauerbeschallung braucht's eine Menge Personal. Also legten mehr als 300 DJs zwischen 12 und 22 Uhr Platten auf oder drehten an digitalen Konsolen. Wie etwa das „Kollektiv Turmstrasse” aus Hamburg, das vor der Koksbatterie der ehemaligen Zeche Osterfeld ein Live-Set spielte. Der Minimal-Techno setzte sich dabei deutlich vom übrigen Programm auf dem „Main Floor” ab.
Hier legten Plattenspieler der ersten DJ-Liga auf, darunter Moguai, Chris Liebing, Tom Novy. „We'll Never Stop Living This Way” hatte schon 1997 Westbam auf ein Albumcover geschrieben. Zwölf Jahre später eilte Kröcher gleich nach seinem Auftritt in Oberhausen nach Polen, musste DJ Simon Patterson aus London dringend zu einem weiteren Engagement nach Birmingham. Die DJ-Kultur mit ihren Kofferbändchen an Plattentaschen, sie ist immer noch vital.
Rave-Mädchen und Acid-Jungs
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Und auch die Kundschaft tanzt unverdrossen weiter und gegen jede Krise an. Sie ist sogar bunter geworden. Aber weniger neonbunt. Neben Plüsch-Stiefeln und Engelsflügeln gibt es viel mehr schwarze Kleidung als in früheren Zeiten – und jede Menge Jeans und T-Shirts von Otto-Normal-Raver. Geblieben aber sind der Hedonismus und die Produkte aus dem umfangreichen Zubehörkatalog der nonverbalen Kommunikation. Sonnenbrille? Obligatorisch. Tattoo? Na klar. Piercing? Bitte, gern.
Und so tanzten gut trainierte, gut gebräunte Körper von Rave-Mädchen und Acid-Jungs auf der größten Tanzfläche des Ruhrgebiets Stunde um Stunde. Selbst als das große Gewitter kam, machten viele weiter. Für manche ist so ein Blitz offensichtlich nur ein Stroboskop. Und ein Donner der fetteste Bass auf Erden. Tausende, die das anders sahen, verließen das Gelände vorzeitig. Stau auf dem Weg zum Club, wo die Party weiter ging.
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