Wacken..

Wer braucht schon Heavy Metal... Beim Open Air kann man auch einfach nur Leute gucken. Auch die Dorfbewohner haben sich wieder mit den 75.000 Gästen verwöhnt - ein Erfahrungsbericht.

Klar kenn‘ ich Bruce Dickinson. Und dass Alice Cooper noch lebt, habe ich spätestens seit der Werbekampangne dieser großen Elektronik-Kette mitbekommen. Boss-Hoss finde ich putzig und bei Slayer fand ich den Moshpit bereits am Ring genial. Dann hört’s aber auch schon auf. Ein Großteil des Line-Up beim WOA hab‘ ich maximal mal irgendwo am Rande zur Kenntnis genommen, vieles ist einfach nicht meine Welt. Metalhead? Ganz sicher nicht.

Trotzdem bin ich wieder da. Zum zweiten Mal. Selbst als Freund Konstantin sagte, das Zimmer in der Pension sei alles andere als save, ich solle sicherheitshalber mal ein Zelt… Nein, nicht zu fahren, kam auch da nicht in Frage… Warum? Weil Wacken einfach „special“ ist, ein echtes Erlebnis für alle Festival-Fans.

Leute gucken

Das geht schon beim Frühstück in der Tenne los, wenn Wirtin Walburga über die Anfänge erzählt – als die Organisatoren noch selbst mit ihrer Band vor damals „800 Leuten oder so“ auftraten. Was sie „Gott sei Dank schnell gelassen haben, weil Musik machen konnten die damals nämlich nicht“. Oder die neusten Gerüchte vom Großbauern, der jedes Jahr seine Felder als Zeltplätze vermietet und jetzt wohl „endlich mal“ Besuch von der Steuerfahndung hatte…

Tipp für Neu-Wackener: Einfach mal morgens in den Biergarten der örtlichen Gasstätte setzen, es den Einheimischen gleich tun und Leute gucken. Da hab‘ ich nicht nur Peter im Schottenrock, Wikingerhelm und Norwegen-Fahne auf dem Rückweg vom täglichen Fisch-Kauf (eingewickelt in eine große deutsche Boulevardzeitung) wieder getroffen, sondern auch die Jungs von den Wacken-Firefighters. Genau, das ist die Feuerwehrkapelle die seit Jahrzehnten zum Festivalauftakt zehntausende Metallheads zum Toben bringt. Nächstes Jahr - aber allerspätestens – muss mir die auch mal auf der Bühne angucken.

Mit den Dorfbewohnern verwöhnt

Überhaupt sind die Dorfbewohner schon eine Marke für sich: Protestierten sie vor ein paar Jahren noch heftigst gegen die damals 20.000 Wilden, die da in ihr Dorf stürmten, haben sie sich mit den „75.000 Metalheads“ - wie mittlerweile auch die „Wacken-Open-Air Oma“ weiß – mehr als versöhnt: Da sitzt der 90jährige Marmeladenverkaeufer Willi Schael im gemütlichen Plausch mit Metalfan Joachim am Straßenrand , winken den Kid’s vom Bier-Express zu und amüsieren sich gemeinsam über den Bauern, der seinen Trecker-Oldtimer kurzerhand zum Festival-Shuttle umfunktioniert hat. Gut, dass die Engländer mit den Netzstrümpfen und der zum Kleid umfunktionierten Fahne nicht gesehen haben...

Nein, schön ist beileibe nicht alles, wass der (noch) nüchterne Betrachter in diesen Tagen in Wacken zu sehen bekommt.... Auch – oder gerade weil es dabei es häufig nacktes Fleisch zu sehen gibt. Wenn’s denn weiblich ist, sind’s meistens Stripperinnen oder Body-Paint-Modelle. Und die meist in Begleitung mehrer Security-Mitarbeiter. Die männlichen Pendants dürfen sich auch allein auf’s Gelände wagen... Wer beim Umdrehen schon mal plötzlich einen behaarten, sonnenentwöhnten Männerhintern vor sich hatte, weiß warum!
Sche..., ich geh’ doch auch nicht bauchfrei. Freundin Sharon hat das übrigens perfektioniert und vergibt beim „Schlampen-Gucken“ sogar Punkte. Irgendwie ansteckend das Hobby.

Ist halt ein bunter Haufen, der sich da jedes Jahr wieder in Wacken trifft – bis auf die Klamotten: Die sind traditionell schwarz. Und gerne auch mal schwarz. Rosa? „Gibt’s nur als Girlie!“ Denkste - zumindest ich hatte auch dieses Jahr wieder das rosa Hemd im Gepäck. Einfach als Statement. Und keinen hat’s interessiert. Auch darum mag ich Wacken.