Duisburg.

Deutlich verjüngt und vielseitig wie lange nicht: Programm-Macher Tim Isfort setzt beim Traumzeit-Festival im Landschaftspark Nord nicht nur auf große Namen, sondern auf junge Musiker der Szene.

Hinter der Maske des Clowns versteckt sich ein großer Pianist. Spaßvogel Helge Schneider präsentierte sich beim Traumzeit-Festival im Landschaftspark im inspirierten Duo-Konzert mit seinem Pariser Kollegen Chilly Gonzales. Ein Auftritt, der beim aktuellen Klavierfestival Ruhr gerade noch gefehlt hätte.

Insgesamt bot das beliebte Festival unter den Hochöfen des alten Thyssen-Werks wieder zahlreiche Höhepunkte aus Jazz und Weltmusik. Dabei setzte Leiter Tim Isfort wie schon im vergangenen Jahr nicht nur auf große Namen, sondern experimentierte stilistisch grenzüberschreitend und innovativ mit vielen jungen Musikern der Szene.

War das Konzert von Helge Schneider und Chilly Gonzales in der Tropenhitze der Kraftzentrale der erwartete Publikumsrenner, so fanden zahlreiche Auftritte von weniger bekannten Musikern leider häufig nicht so viele Zuhörer. Brasilianische Sommergefühle präsentierte die junge Gitarristin und Sängerin Adriana Calcanhotto, deren Songs viel Wärme und die rhythmische Gelassenheit des Bossa ausstrahlen. Bei den Songwritern konnte auch Jose Gonzales überzeugen, ein schwedischer junger Musiker mit argentinischen Eltern, dessen Stimme sich zwischen David Crosby und James Taylor bewegt und der mit seinen minimalistischen Songs hier den Nerv des Publikums traf.

Zu den Stars des zweiten Festivaltages gehörte der US- Pianist Brad Mehldau, der sich erneut als virtuoser Könner und diesmal als Romantiker des filigranen Klavier-Jazz vorstellte. Aufregend war auch das musikalische Konzept des französischen Pianisten Jean-Marie Machado, der mit seinem Nonett „Danzas“ einen vibrierenden mediterranen Jazz spielte.

Körperlicher Einsatz

Bereits knapp eine Stunde nach Beginn des Festivals war zu sehen, welchen Erfolg die Linie von Tim Isfort eingebracht hat: Die „Traumzeit“ wurde deutlich verjüngt. In der Gießhalle drängelte sich das Publikum vor der Bühne, um Babylon Circus nicht nur zuzuhören, sondern zu ihrer Musik zu tanzen. Der Auftritt der Franzosen war beeindruckend, und das nicht nur wegen des aufopferungsvollen körperlichen Einsatzes. Die Band war neben der ausgelassenen Show nämlich durchaus in der Lage, ihre Instrumente vernünftig zu bedienen. Sie übernahm sich nicht an der Kreuzung zu unterschiedlicher Stile: Zwar waren Rock’n’Roll, Klezmer, Swing, Punk und Ska zu hören, doch war jede dieser Richtungen wohldosiert und auf hohem Niveau gemischt.

In die gleiche Kerbe schlug Shantel, der mit seinem Bucovina Club Orkestar auftrat. Der Balkan-Pop des Frankfurter Produzenten stand der Musik von Babylon Circus an Wildheit in nichts nach. Kräftige Bläser-Wellen und ein mehr als waghalsig spielender Schlagzeuger waren die Grundlage für eine rauschende Sommernacht.

Wesentlich ruhiger ging es am Gasometer zu, wo die Shout Out Louds mit acht Mitgliedern der Duisburger Philharmoniker auftraten. Die Schweden verstehen sich auf eine zurückgenommene Interpretation von Indie-Rock, da passten die klassischen Musiker ganz gut. Leider war von den Streichern kaum etwas zu hören, da das Keyboard ihnen zumeist den Raum nahm. Etwas mehr Mut hätte den Philharmonikern und damit auch der Gesamtproduktion gut getan, die allerdings auch nur einmal geprobt werden konnte.