San Francisco. Das Klang-Geheimnis der berühmten Stradivari-Violinen ist offenbar gelüftet. Forscher aus Texas haben herausgefunden, dass das Holz der Instrumente mit aggressiven Chemikalien vorbehandelt wurde, wie sie noch heute in Reinigungsmitteln verwendet werden.

"Der Hammer", eine 1707 von Antonio Stradivari gebaute Violine. Foto: AFP © AFP

Der herausragende Klang einer Stradivari hängt wohl mit der Vorbehandlung des Holzes mit aggressiven Chemikalien zusammen. In Holzproben von Geigen des Baumeisters Antonio Stradivari und seines Kollegen Giuseppe Guarneri fanden der Biochemiker Joseph Nagyvary von der Texas A&M University in College Station und seine Kollegen Hinweise auf Borax und andere Substanzen als Bearbeitungs- und Imprägniermittel. Mit dem auch heute noch in Desinfektions- und Putzmitteln enthaltenen Borax wollten die Instrumentenbauer Holzwürmer und Insekten vom Holz fernhalten, wie die Forscher im Fachmagazin «PLoS One» schreiben (DOI: 10.1371/journal.pone.0004245).

Holzproben schwer erhältlich

Die Forscher mussten zunächst das Kunststück fertigbringen, eine Holzprobe von einer Stradivari zu organisieren. Rund 600 der kostbaren Geigen sind noch bei Musikern und meist unbekannten Sammlern vorhanden. Der Stückpreis wird in Millionen von Euro gerechnet. Die Forscher erhielten jedoch mehrere Quadratzentimeter große Ahornholzschnitze, die bei Reparaturarbeiten einiger Streichinstrumente angefallen waren. Sie verglichen die Häufigkeit der chemischen Elemente im Holz einer Stradivari-Geige, eines Stradivari-Cellos und zweier Geigen von Stradivaris Zeitgenossen Giuseppe Guarneri mit unbehandeltem Holz, das Instrumentenbauer heute für Streichinstrumente nutzen.

Im Holz der Instrumente von Stradivari und Guarneri fanden die Forscher Borax und andere Substanzen wie Fluoride, Chrom und Eisensalze, die in unbehandelten Hölzern nicht auftreten. Die Geigen müssten daher einer harschen chemischen Behandlung ausgesetzt gewesen sein, folgert Nagyvary. Vermutlich hatten Stradivari und seine Kollegen die Hölzer in Boraxlösung und andere Chemikalien eingelegt, vielleicht sogar darin gekocht. Alternativ könnten die Instrumentenbauer die Substanzen auch als Imprägniermittel von außen aufgestrichen haben.

Konstruktion des Instruments nachrangig

Nagyvary geht so weit, diese chemische Holzbehandlung als entscheidend für den Klang einer Stradivari anzusehen. Geometrie und Konstruktion, die Beschaffenheit des Firnis, der Wuchs des Holzes oder bestimmte Schimmelpilze im Holz, die von anderen Forschern favorisiert werden, spielen ihm zufolge nur eine geringe Rolle.

Für die heutigen Geigenbauer geben seine Forschungsergebnisse interessante Hinweise für Materialvorbereitung und -verarbeitung, wie der Forscher erklärt. Nagyvary spielt selbst Geige und hat auf einer Stradivari gelernt, die sich einst im Besitz von Albert Einstein befand. Neben seiner Forschung führt er ein Unternehmen, das Streichinstrumente baut, die in ihrem Klangprofil einer Stradivari möglichst nahekommen sollen. (ddp)