Düsseldorf. Die australischen Veteranen AC/DC werden bei ihrer Rückkehr von 13 000 Fans im ISS Dome gefeiert. Knapp zwei Stunden spielen sie sich durch ihre Geschichte – ekstatisch und unheimlich laut.

Brian Johnson und Angus Young (v.l.). (c) ddp
Brian Johnson und Angus Young (v.l.). (c) ddp © ddp

Diese Lauststärke ist brutal. Wer keine Stöpsel für die Ohren hat, geht unweigerlich mit einem Fiepen nach Hause. Kein Zweifel, AC/DC sind zurück – mit ihrem brachialen Bluesrock, simpel und sauber, ekstatisch und für manche gar erotisch. Der ewige Schuljunge Angus Young und seine Kumpels rocken auch als Mitt-Fünfziger (oder älter) wie in den 70ern. 13 000 Fans und Freunde im übervollen ISS Dome sind aus dem Häuschen.

Brian Johnson kneift die Augen und seine Stimmbänder zusammen. Nur so geht es. Jetzt noch ein bisschen pressen, und da ist sie, diese unverwechselbare Stimme. Fans der ersten Stunde mögen nun einwenden, dass mit Bon Scott, dem früheren Sänger, der im Februar 1980 an seinem eigenen Erbrochenen erstickte, alles besser war. Doch viel mehr Musikbesessene sind eben mit Brian Johnson aufgewachsen. Nur er ist die Stimme von „Back in Black”, er zündet den „Rock 'n' Roll Train”.

Augen und Stimmbänder zusammenkneifen

AC/DC Gitarrist Angus Young. (c) AP
AC/DC Gitarrist Angus Young. (c) AP © AP

Angus Young ist die Gitarre. Die Uniform. Das Gesicht (er hätte in Wolfgang Petersens „Das Boot” auch eine gute Figur als Johann, das Gespenst abgegeben). Der Star. 53 Jahre ist der in Schottland geborene Australier inzwischen alt, aber immer noch der freche Derwisch, der in seinem ihm eigenen Stil von links nach rechts und von rechts nach links hoppelt. Cool ist er sowieso, wie gesagt stets in Schul-Uniform (die er bei „The Jack” nach und nach auszieht und so den Blick auf seinen fahlen Briten-Body freigibt).

Der Rest ist Beiwerk, wichtig für die Musik, unwichtig für die Zuschauer. Angus' Bruder Malcolm bedient die Rhythmus-Gitarre, Cliff Williams lässt seine Finger am Bass heiß (und fast schon blutig) laufen und Phil Rudd hämmert unaufhörlich ins Schlagzeug.

Bei der Bandgründung im Jahr 1973 sah die Besetzung noch ein bisschen anders aus. Was viele nicht wissen: Auch Bon Scott gehörte nicht zu den Ur-AC/DC. Nein, Dave Evans stand damals am Mikro, aber eben nur einen Winter lang. Dann hat er mit Angus gestritten, und Bon Scott übernahm.

„High Voltage” heißt das erste gemeinsame Album, gleich mit einem Kracher wie „T.N.T.”. Und sie legen nach, Jahr für Jahr. Höhepunkt: „Back In Black” (1980), die erste Platte mit Brian Johnson, Erinnerungen an Bon Scott. Ihr Sound wird von Neidern als „primitiv” (Der Spiegel) bezeichnet, er ist aber viel mehr: Der Sound ist einfach, zeitlos. Es sind diese bluesigen Riffs von Angus Young, der nicht groß frickelt, sondern loslegt. Ein neues AC/DC-Album klingt deshalb immer wie ein alter Bekannter. Und das gefällt vielen: „Black Ice” war 2008 das am besten verkaufte Stück Musik in Deutschland.

In Düsseldorf geht's mit einem bombastischen Knalleffekt los: Erst ein Pyro-Spektakel, dann fährt ein überdimensionierter Zug aus den Kulissen. Der „Rock 'n' Roll-Train” eben, den sie der Meute als erstes um die Ohren hauen. Ansonsten ist die Bühne eher spartanisch eingerichtet, hinten Verstärker-Wand, oben Boxen-Türme, sonst nix.

Es wird aber nichts ausgelassen: „Dirty Deeds Done Dirt Cheap”, „Thunderstruck”, „Hells Bells”, und, und, und. Knapp zwei Stunden beweisen die fünf Herren, pardon: Kerle, dass Alter manchmal nur eine Zahl ist. Man bedenke: Brian Johnson ist 61!

Gefühlte 110 Prozent der Besucher sind Männer

Ein AC/DC-Konzert ist eine der wenigen Veranstaltungen, bei denen es keine Schlangen vor den Damen-Toiletten gibt. Hier staut es sich bei den Männern – und zwar doppelt so lang wie sonst auf der anderen Seite. Gefühlte 110 Prozent der Besucher männlich, viele Alt-Rocker, selten ein junges Gesicht. Bier gibt es hier im Liter-Becher (für satte zwölf Euro das Stück), der Absatz ist berauschend.

Acht Jahre haben die Fans auf dieses Konzert gewartet. Acht Jahre, in denen AC/DC in die „Rock and Roll Hall Of Fame” eingezogen sind; acht Jahre, in denen sie mit den Rolling Stones unterwegs waren (und sie 2003 in Oberhausen an die Wand gespielt haben).

Zur Zugabe schießt Angus Young mit den unvermeidlichen Hörnern aus dem Boden: „Highway To Hell”, ihrem wohl bekanntesten Stück. Die Fans feiern, Brian Johnsons Stimme quietscht noch etwas dazu und mit „For Those About To Rock” geht's zu Ende. Viel Spaß denen, die dieses Erlebnis noch vor sich haben!

In Rekordzeit alles ausverkauft

AC/DC mit Sänger Brian Johnson. (c) AP
AC/DC mit Sänger Brian Johnson. (c) AP © AP

So etwas hat eine Band in Deutschland noch nicht geschafft: Die Hallen-Tour von AC/DC durch sieben deutsche Städte war innerhalb von nur zwölf Minuten ausverkauft. Und auch die Tickets für die fünf Stadion-Shows – immerhin rund 300 000 – waren binnen 77 Minuten alle weg. Die Glücklichen, die in Nordrhein-Westfalen eine Karte ergattert haben, erleben die fünf Australier heute in Oberhausen, am Sonntag in Dortmund oder bei den Stadion-Shows auf Schalke (17. Mai) und in Köln (19. Mai).

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