Dortmund. 40 Jahre haben Judas Priest auf dem Buckel. An Kraft haben sie nicht das Geringste eingebüßt - wie erst kürzlich in der Dortmunder Westfalenhalle zu sehen war. Ein Gespräch mit Frontmann Rob Halford über das Monumentalwerk Nostradamus, eine Zukunft in der Oper und Gesundheit.
In diesem Jahr feierst du deinen 58. Geburtstag. Manche denken da schon an die Rente. Du auch?
Rob Halford: (lacht) Nein, überhaupt nicht. Warum sollte ich?
Nun, vielleicht lässt irgendwann die körperliche Kraft nach und man möchte einen Gang zurückschalten. Das scheint bei dir nicht der Fall zu sein.
Rob Halford: Nein, garantiert nicht. Ich hatte gerade meinen järhlichen Gesundheits-Check und alles ist wunderbar. Zugegeben: Als ich Painkiller im Jahr 1991 aufgenommen habe, war ich noch ein anderer Mann, das kriege ich heute in dieser Form nicht mehr hin. Es ist vielleicht wie bei einem Profi-Fußballer. Er hat mal gute und mal weniger gute Spiele. So läuft es auch auf der Bühne. Die Leistung kann sich unterscheiden. Ich denke, bei mir überwiegen die guten Spiele. Ich bin immer noch in der Lage, rauszugehen und die großen Priest-Songs zu bringen. Das ist großartig. Und die Bühnenlust ist immer noch da.
Das merkt man an eurer Konzert-Taktung. Erst vor etwa einem halben Jahr habt ihr in Düsseldorf gespielt, jetzt in Dortmund.
Rob Halford: Wir sind immer gerne nach Deutschland gekommen und tun es auch heute noch. Unsere Fans hier sind sehr loyal und haben uns immer sehr unterstützt. Und zwar von Anfang an, seit den frühen 70er Jahren, als wir noch in einem Ford Transit zu den Konzerten gegurkt sind. Jetzt sind wir wieder hier, weil uns Mitte 2008 nicht alle Fans sehen konnten. Ich hatte gerade zwei Monate Zeit, neue Energie zu sammeln. Die muss wieder raus.
Alles steht dabei im Zeichen eures aktuellen Albums Nostradamus ...
Rob Halford: Ja. Und Nein. Nostradamus ist ein wichtiger Punkt für uns und wir wollen ganz klar weiter dafür werben. Wir spielen auch eine Menge Songs aus dem neuen Album, aber auch die großen Priest-Songs der vergangenen Jahrzehnte.
Lass uns trotzdem ein bisschen über Nostradamus sprechen.
Rob Halford: Sehr gerne.
Es ist anders als die bisherigen Priest-Platten. Ein Konzept-Album, mit dichter Erzählung und sehr dunkel. Wie ist es dazu gekommen?
Rob Halford: Konzeptalben sind faszinierend. Es war schon seit vielen Jahren unser Wunsch, ein solches ... besser: dieses Album aufzunehmen. Aber dafür brauchst du Zeit. Viel Zeit. Zwei ganze Jahre haben wir für Nostradamus gebraucht. In diesen zwei Jahren waren wir fast vollständig von der Bildfläche verschwunden. Judas Priest hat schon immer versucht, jede Aufnahme ein wenig anders zu machen als die vorherige. Wir hatten den Eindruck, dass es nun Zeit wurde für dieses musikalische Abenteuer. Und anhand der Reaktionen, die wir bekommen, sehen wir, dass es sich gelohnt hat.
Wird Nostradamus also der neue Priest-Sound?
Rob Halford: Nein. So ein Album kannst du nur ein Mal machen. Wir wissen nicht, wie die nächste Priest-Scheibe klingen wird. Sie könnte vielleicht Elemente von Painkiller enthalten, vielleicht von Stained Class. Auf jeden Fall wird es wieder etwas anderes. Wir haben so viele Möglichkeiten, uns musikalisch auszuleben. Und das werden wir auch tun.
Schreibt ihr schon neue Songs?
Rob Halford: Noch nicht, dazu fehlt uns momentan einfach die Zeit. Nostradamus steht im Mittelpunkt, überhaupt wird 2009 ganz im Zeichen von Nostradamus stehen.
Du meinst eure aktuelle Tour?
Rob Halford: Nicht nur. In naher Zukunft wollen wir erneut auf die Bühne, um dann in einer besonderen Konzert-Reihe das komplette Album zu spielen. Vom ersten bis zum letzten Song. Es werden außergewöhnliche Konzerte, in außergewöhnlichem Umfeld.
Was für ein Umfeld könnte das sein?
Rob Halford: Zum Beispiel die Oper in Berlin. Oder die Royal Albert Hall in London. Natürlich könnten wir Nostradamus überall spielen, aber es soll ein besonderes Ereignis, mit ganz eigenem Charakter und Zauber sein. Etwas, was Judas Priest in 40 Jahren Bandgeschichte noch nicht gemacht haben. Sieh es als ein Geschenk für die Fans. Aber auch für uns selbst (lacht).
Wann könnte das sein?
Rob Halford: Wenn alles klappt, geht es Ende des Jahres los. Eine kleine Konzert-Reihe in wenigen, aber dafür sehr speziellen Locations. Wir haben schon jede Menge Ideen, wie wir Nostradamus in Licht, Ton und natürlich Optik umsetzen können. Etwas ganz spezielles, was auch für uns eine neue Erfahrung sein wird.
Das hört sich so an, als ob es auch die perfekte Umgebung für eine DVD-Aufnahme sein könnte.
Rob Halford: Ich denke, das werden wir tun. Eine tolle Erinnerung für Fans und auch für die Band. Eine "multitype of media sensation".
Aber - um auf den Anfang unseres Gespräches zurückzukommen - kein Abschiedsgeschenk, oder?
Rob Halford: Nein, das auf keinen Fall. Es wird weiterhin 100 Prozent Judas Priest geben. Auch in den kommenden Jahren.