Düsseldorf. Sie sind eine der erfolgreichsten Punkrock-Bands des Landes, auch wenn manch kritischer Fan hinterfragt, ob das noch Punk ist, was die Toten Hosen fabrizieren. Egal, seit 30 Jahren sind die Hallen voll und die Düsseldorfer werden frenetisch gefeiert. Doch in der Bandgeschichte gab es auch Rückschläge.
Breitbeinig steht Campino im Scheinwerferlicht, lauthals grölt er in sein
Mikrophon: "Steh auf, wenn du am Boden bist. Steh auf, auch wenn du unten
liegst." So ist der Frontmann der Toten Hosen in unzähligen Videos zu sehen. Die Düsseldorfer
Punkrocker rappeln sich immer wieder hoch, auch wenn es das Schicksal oft nicht
gut mit ihnen meint.
Und ihr Kampfgeist wird belohnt. Die Band wird seit Jahrzehnten
geliebt für ihre Kultsongs "Hier kommt Alex" und "Zehn kleine Jägermeister",
ihre Fußballbegeisterung und ihr politisches Engagement. Dieses Gefühl wird
ihnen auch bei der Tour zum 30. Band-Geburtstag (offizieller Start: 26. Mai,
Frankfurt/Oder) entgegenschlagen.
Von oben sind nur Arme zu sehen, so drangvoll eng stehen die 200 Fans
am 10. April im Bremer "Schlachthof". Es ist eine Rückkehr zu den eigenen
Wurzeln: Genau vor 30 Jahren haben die Toten Hosen in dem Keller dieses Clubs erstmals auf der Bühne
gestanden. Angefangen hatte jedoch alles in Düsseldorf: Fünf junge Männer
gründen 1982 dort eine Band. Weil alleine drei von ihnen Andreas heißen, geben
sie sich Spitznamen: Campino (Andreas Frege, Gesang), Breiti (Michael Breitkopf,
Gitarre), Kuddel (Andreas von Holst, Gitarre), Andi (Andreas Meurer, Bass) und
Wölli (Wolfgang Rohde, Schlagzeug).
Das Jubliäumskonzert zum 15-jährigen Jubiläum wird zum Albtraum
Der Durchbruch gelingt ihnen mit der Single "Hier kommt Alex" (1988).
Es ist eine Nummer von Autodidakten, die sich nach dem Punkmotto "Do It
Yourself" ihre Instrumente selbst beibringen. Auch wenn ihre Musik meist nur aus
drei Akkorden besteht, die Toten Hosen werden geliebt: Über die Jahrzehnte verkaufen sie
Millionen Platten, landen diverse Hits in den Charts und scharen eine riesige
Fangemeinde um sich. Ihr Erfolg ist dabei hart verdient: Zwischen 1982 und 1997
spielen die Toten Hosen rund tausend Konzerte, unter anderem als Vorband
von den Rolling Stones, U2 und Green Day.
Ausgerechnet das Konzert zu ihrem 15-jährigen Bestehen (1997) wird
zum Albtraum. Im Düsseldorfer Rheinstadion quetschen Fans eine 16-jährige
Niederländerin zu Tode. Alle weiteren Auftritte werden abgesagt. Die Band muss
sich von dem Schock erholen. Erst ein Jahr später meldet sie sich mit
Weihnachtsliedern zurück, für die Altbier-Punks sind das eher leise Töne. Doch
das Pech verfolgt sie weiter. Schlagzeuger Wölli verunglückt im Jahr 2000 schwer
mit dem Auto, in Buenos Aires bricht eine Bühne unter der Band zusammen, Campino
zieht sich beim Festival "Rock am Ring" einen Kreuzbandanriss zu und muss
pausieren.
Toten Hosen - erst ins Wohnzimmer, dann zu "Rock am Ring"
Die Toten Hosen nutzen die Zeit für andere Dinge. Campino ist
politisch engagiert. Armut, Hunger und Tod sagt er den Kampf an. Von der
Bundesregierung fordert er im Jahr 2009 mehr Geld für Entwicklungsländer. Das
zuständige Ministerium erhält über 50.000 Unterschriften mit dem Appell, die
staatlichen Hilfen um 2,7 Milliarden Euro zu steigern. Zudem gelten die Toten Hosen als
begeisterte Sportfans und glühende Anhänger des Fußballclubs Fortuna Düsseldorf.
Ihre große Liebe unterstützen sie sogar als Trikotsponsor.
Auch wenn Campino im Juni 50 Jahre alt wird, ans Aufhören denkt er
nicht. Zu seinem runden Geburtstag gibt er erstmals eine Party: "Das Versprechen
haben mir meine Freunde abgerungen", hat er vor Wochen dem "Kölner
Stadt-Anzeiger" verraten. Vorher wird das Bandjubiläum ausgiebig gefeiert. Noch
bis Mitte Mai touren die Punkrocker durch die Wohnzimmer von Fans. Danach wird
den Festivalgängern bei "Rock am Ring" (1. bis 3. Juni) in der Eifel eingeheizt.
Und dann wird Campino wieder breitbeinig auf der Bühne stehen und wie in alten
Zeiten lauthals von der Bühne grölen. (dapd)