Essen. James Last wird 80 und geht auf Tour. Denn es gilt noch immer das Versprechen seiner ersten Platte: „Non Stop Dancing”. Ironisch hat er seine Tour betitelt: „Mit 80 Jahren um die Welt”. Old Schnipperhand unterwegs.

206-mal Gold

Weltweit hat James Last über 80 Millionen Tonträger verkauft, dafür erhielt er 206 goldene und 17 platine Schallplatten. Neben Welthits wie „Biscaya” schrieb er die Titelmelodien für Fernsehsendungen wie die „ZDF Hitparade”, „Das Traumschiff” und „Der Landarzt” oder für den Film „Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung”. Sein jüngster Soundtrack war für Leander Haußmanns Komödie „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken”.

Wie heißt er noch mal, dieser Deutsche, dessen Kompositionen schon von Elvis gesungen wurden? Tja, da würden Sie wohl grübelnd mit dem Finger schnippen und vielleicht wären Sie durch diese Handbewegung auf die richtige Spur gekommen – wenn Sie nicht schon an Bild und Überschrift erkannt hätten, um wen es hier geht. Nämlich um James Last, der heute 80 wird.

Was tut man so, wenn man 80 wird? Da geht man natürlich auf Tour, in diesen Tagen sanft ironisch betitelt „Mit 80 Jahren um die Welt”. Und dort war er wirklich schon, dieser Old Schnipperhand, beglückte 150 Länder mit seinem „Happy Party Sound” und dürfte damit der einflussreichste musikalische Botschafter Deutschlands in den letzten 40 Jahren gewesen sein. Der „Happy Party Sound” markierte die Geburt eines Erfolgskonzepts, erstmals eingesetzt 1965 auf der Platte „Non Stop Dancing”, die legionenweise Fortsetzungen gebar und etwas Neues enthielt, das man für die Jüngeren wohl als „Mega-Feten-Mix” übersetzen könnte.

Last spielte sie alle

James Last. (Foto: ddp)
James Last. (Foto: ddp) © ddp

Last spielte sie alle, die Beatles, die Stones, legte „Wochenend und Sonnenschein” hinterher, was – mit Verlaub – am Ende stets klang, wie durch die Last-Maschine gedreht. Er stand mit Schlaghosen in knalligem Orange vor seinem Orchester und wippte und schnippte, seine Jungs trugen Anzüge in Bübchenblau und knalligem Pink und folgten präzise den leichten, flockigen Gute-Laune-Arrangements. Die Leute liebten es, in den 60ern, den 70ern, bis heute.

So sehr, dass James Last längst die eigene Karikatur überlebte: Als Harald Schmidt in seiner Late-Night-Show ein Double als Stammgast auftreten ließ, dauerte es nicht lange, bis auch Last dort auftauchte. „Ich konnte seine angeblich doch so typischen James-Last-Bewegungen nicht einmal nachmachen. Dafür aber habe ich mich als Objekt der Persiflage echt wohl gefühlt“, sagt Last. Und nicht nur Schmidt erkannte, dass dieser Mann besitzt, womit andere sich zu Unrecht brüsten: Kult-Potenzial. Das entdeckten nämlich auch die Hip-Hopper von Fettes Brot, die mit ihm den Song „Ruf mich an” aufnahmen. Das wusste sogar Regisseur Quentin Tarantino, der Lasts entspannte Panflöten-Komposition „The Lonely Shepherd” auf den Soundtrack von „Kill Bill” packte, ein Ritterschlag für Coolness bei jenen, die Lasts Enkel sein könnten.

Bester deutscher Jazz-Bassist

Dabei war seine erste Liebe gewiss nicht der schaumig-leichte Wohlfühlsound, für den er berühmt geworden ist. 1950 wurde er von Fachjournalisten zum besten deutschen Jazz-Bassisten gewählt – ein Instrument, das er nach zwei komplizierten Handoperationen aufgeben musste. Und jüngst gestand er der Zeit: „Ich habe mich immer als Rocker gefühlt und lange davon geträumt, einmal als Bassist mit einer der großen Rockbands auf Tour zu gehen, Guns N' Roses zum Beispiel oder Metallica.” Für Last ist es also – anders als für den Rest der Menschheit – nur ein kleiner Schritt vom Headbanging zum Musikantenstadl.

Bescheidene 22 Konzerte

Bandleader James Last. (c) AP
Bandleader James Last. (c) AP © AP

Eigentlich könnte er, der längst ins Rentnerparadies Florida ausgewandert ist und nur noch von Zeit zu Zeit für Touren oder – wie vor drei Tagen – für die Überreichung der Senatsmedaille der Stadt Bremen, zu uns rüberjettet, ja den ganzen Tag lang Golfbälle übers Grün jagen, was er oft mit Leidenschaft tut.

Aber fürs Aufhören ist es noch zu früh: „Das ist mein Leben, so bin ich. Wir sind so wie eine Wolke, die durch die Gegend fährt.” Und die bald schon wieder in unsere Richtung schwebt. Auf der aktuellen Tour hat er vergleichsweise bescheidene 22 Konzerte zu meistern – man wird eben doch ein bisschen älter. Dann wird er aber garantiert locker im mittlerweile weißen Anzug und mit mittlerweile weißem Haar vor seinem Orchester stehen und tun, was er gut kann: wippen und schnippen.