Eminem. Er ist das Enfant Terrible des Hip-Hop, ein Drogenabhängiger, Symbolfigur einer wütenden Generation - und vor allem einer, der Tabus bricht und Grenzen überschreitet: Eminem betritt 1998 die große Bühne.

Man mag von Eminem halten, was man will: Der Erfolg spricht für ihn. 90 Millionen Alben hat er verkauft und 50 Millionen Singles, 13 Grammys hat er gewonnen und einen Oscar. Der erfolgreichste Rapper der Welt.

Eltern hassen ihn aufgrund seiner gewaltverherrlichenden Texte. Jugendliche identifizieren sich mit ihm, weil er ihre Probleme beim Namen nennt. Ein Poet der weißen Unterschicht. Eminem, geboren als Marshall Bruce Mathers am 17. Oktober 1972, gilt als einer der wichtigsten Musiker der „nuller“ Jahre.

Die Jugendtage des Marshall Mathers sind geprägt von zerrütteten familiären Verhältnissen. Seine Mutter war erst 17, als sie ihn bekam. Als er drei Monate war, verließ der Vater die Familie. Und als er zwölf Jahre war, zog die – nach seinen Aussagen drogenabhängige und gewalttätige – Mutter mit ihm in einen schwarzen Vorort von Detroit. Mit 17 bricht er die Schule ab.

Gnadenlos geflopptes Debüt

Seine ersten Versuche im Hip-Hop, einer von Schwarzen dominierten Szene, werden teils belächelt, teils aggressiv zurückgewiesen. 1995 ändert er seinen Künstlernamen M&M in das ähnlich klingende Eminem. Das Debütalbum „Infinite“ von 1996 floppt gnadenlos.

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Von DerWesten

Seine Jugendfreundin Kim bringt Ende 1995 ihre gemeinsame Tochter Hailie zur Welt. Die unbezahlten Rechnungen stapeln sich. Verzweifelt am Leben und an seinem Drogenmissbrauch versucht Eminem sich umzubringen. Am Tiefpunkt angekommen, fragt sich der 23-Jährige: „Warum nicht all den angestauten Frust zu etwas nutzen, was mich weiterbringt? Warum nicht allen, die an mir zweifeln, genau das zurückgeben, was sie aus mir gemacht haben? Warum nicht einfach auf alles und jeden scheißen?“ Statt weiterhin Songs mit positiver Message zu schreiben, bringt er das Kranke und Gemeine zu Papier. Er nimmt all sein Talent als Rapper und all seine schlechten Erfahrungen zusammen und rechnet ab – mit der Mutter, der Freundin, dem Leben, der Hip-Hop-Szene, die ihn ablehnt. Niemand ist vor seinem Zorn sicher. Er schafft sich ein Alter Ego, hinter dessen Maske er sich ausleben kann. Aus Eminem wird „Slim Shady“.

1998 machen die Gerüchte um diesen verrückten, weißen Rapper, der genauso talentiert wie geistesgestört ist, schließlich den Musikproduzenten Dr. Dre aufmerksam. Zusammen produzieren sie die „The Slim Shady LP“, die Anfang 1999 erscheint, für gewaltige Kontroversen sorgt und allein in den USA mehr als vier Millionen Mal verkauft wird. Am 23. Februar 1999 steigt die LP auf Platz 2 der US-Albumcharts. Die erste Single „My Name Is“ läuft im Radio rauf und runter.

Der Rocker im Rapper

In seinen Songs rappt Eminem über Themen wie Gewalt, Sex und Drogen. Konzerte bestreitet er mit Skimaske und Kettensäge (in Anlehnung an den 70er-Jahre-Horrorstreifen „Texas Chainsaw Massacre“). Außerdem erfährt man in Eminems Songs vieles über seine Vergangenheit, über die Probleme eines Einzelgängers, der von seinem Umfeld nichts zu erwarten hat und auf sich allein gestellt ist.

Mit der „Marshall Mathers LP“ setzt Eminem im Mai 2000 noch einen drauf, sowohl was die musikalische Qualität als auch den kommerziellen Erfolg betrifft. Der Rolling Stone urteilt: „Die Marshall Mathers LP ist wie ein Autounfall: laut, wild, gefährlich, außer Kontrolle, grotesk, verstörend. Es ist unmöglich nicht hinzuhören.“

Eminem schlägt die persönliche, nachdenkliche Saite an. Er rappt über die Beziehung zu seiner Freundin Kim und zu seiner alkoholkranken Mutter. Drastisch und schockierend ehrlich. Nie zuvor hat sich ein Künstler dermaßen in seiner Musik preisgegeben.

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Die „Marshall Mathers LP“ verkaufte sich bis heute rund 22 Millionen Mal. Eminems Status als Superstar ist seitdem unangefochten. Es folgen weitere erfolgreiche Alben und 2002 mit „8 Mile“ ein halb-biografischer Film über sein Leben. „Lose Yourself“, der Song zum Film, wird mit einem Oscar ausgezeichnet.

Der Schatten des Erfolgs: Eminem ist abhängig von Drogen und Medikamenten. 2005 scheitert eine Therapie. Seit einer zweiten Entziehungskur (April 2008) ist Eminem angeblich clean. Als er im Sommer 2010 – zum ersten Mal seit fünf Jahren – wieder vor großem Publikum auftrat, sollen dies die ersten Konzerte seiner Karriere gewesen sein, bei denen er nicht auf Drogen war.

Eminem hat den Hip-Hop einem breiten Publikum zugänglich gemacht, ohne dabei musikalische Kompromisse einzugehen. Seine Musik hat mehr mit der Idee des Rock zu tun als die mancher Rockband. „I just don’t give a fuck!“ Ich bin, wie ich bin, kommt zurecht damit!

Die Bodenhaftung hat Marshall Mathers auch als Superstar nie verloren. In einem Interview sagte er: „Ich hoffe, ich habe noch eine lange Rapper-Karriere vor mir. Wenn nicht, werde ich einfach wieder Tellerwäscher...“

Die Charts des Jahres 1998:

Er tanzt nur einen Sommer, doch dafür überall: Lou Bega aus München unterlegt einen Song des mexikanischen Mambo-Königs Perez Prado von 1952 mit Text und modernen Grooves – und landet 1999 mit „Mambo No. 5“ einen Welthit. Auf Platz drei der Jahreshitparade taucht erstmals der Name Britney Spears auf. (Quelle: media control)

1.Lou Bega: Mambo No. 5

2.Eiffel 65: Blue (Da Ba Dee)

3.Britney Spears: Baby One More Time

4.Emilia: Big Big World

5.Whitney Houston: My Love Is Your Love

6.Oli P.: So bist Du

7.Christina Aguilera: Genie In A Bottle

8.Mr. Oizo: Flat Beat

9.Xavier Naidoo: Sie sieht mich nicht

10.Wamdue Project: King Of My Castle