Das Jahr, in dem The Doors in die „Rock And Roll Hall Of Fame“ einziehen - das dazugehörige Konzert macht klar, dass es trotz aller Versuche nicht ohne den verstorbenen Frontmann Kim Morrison nicht geht.

Keine Höschen fliegen auf die Bühne, auch keine Büstenhalter. Es ist der 1. Dezember 1993. Ein Blick in den großen Saal des Century Plaza Hotels macht den Beobachter ungläubig. Da sitzen sie, die geladenen Gäste im edlen Zwirn an großen, runden Tischen. Ein Gala-Dinner? Nein. Vielmehr erleben sie das Einführungs-Konzert für das Musikmuseum Rock And Roll Hall Of Fame. Auf der Bühne strampeln sich die Doors ab, die Anzugträger bleiben sitzen.

Früher, in den 60er Jahren, kaufte man den Skandal quasi mit der Eintrittskarte zum Konzert der Psychedelic-Rockband „The Doors“. Unvergessen der Gig in Miami 1969, später wurde Sänger und Songwriter Jim Morrison wegen „unsittlicher Entblößung“ verurteilt. Am Ende war die Bestuhlung ramponiert, die Bühne übersät mit Schlüpfern und mit BH’s. Stühle gibt es nicht mehr bei Rockkonzerten, seit eine ganze Generation aufbegehrte, und wenn doch – dann ist es kein Rockkonzert. Womit wir wieder im Century Plaza Hotel des Jahres 1993 sind.

Eddie Vedder müht sich vergeblich

Jim Morrison ist seit 22 Jahren tot: Herzversagen während einer Auszeit 1971 in Paris. Der Rest der Band mischte da gerade das letzte, vielleicht stärkste Studioalbum L.A. Woman ab.

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Von DerWesten

Zwischen den betagten Museums-Doors Ray Manzarek (Orgel), Robby Krieger (Gitarre) und John Densmore (Schlagzeug) hält ehrfürchtig ein aufstrebender 29-Jähriger aus Seattle das Mikro: Eddie Vedder, Frontmann der angesagten Grunge-Band Pearl Jam, gibt für drei Songs Jim Morrison. „Well, I woke up this morning, I got myself a beer!“ Obszönitäten? Ausgeflippter Sänger? Fehlanzeige. Vielmehr zieht sich Vedder während der langen Soli wie in „Light My Fire“ in den hinteren Bühnen-Bereich zurück und lässt die älteren Herren rocken. Es wird klar: Da spielt jemand mit Leuten, die er zu seinen Idolen zählt.

Tatsächlich haben viele Bands der Grunge-Jahre Anfang der 90er die Doors mit im Live-Gepäck: Soundgarden spielen „Waiting for the sun“, Nirvana „The End“ und auch Pearl Jam geben gern „Break on through“. Die Doors und Jim Morrison, der wie kaum ein anderer für die aufsässige Parole von Sex, Drugs And Rock‘n‘Roll steht, sprechen noch immer junge Musiker an.

Sechs Studioalben hatte das Quartett eingespielt, gleich das 1967er Debüt „The Doors“ belegte Platz 1 der US-Charts und die vier Jungs aus L.A. wurden als amerikanische Antwort auf Beatles und Stones gefeiert.

Türen zwischen Bekannten und Unbekanntem

Es waren die zwei Filmstudenten Jim Morrison und Ray Manzarek, die sich in der Aufbruchstimmung der 60er Jahre trafen. Der eine machte nebenbei Musik, der andere, Morrison, schrieb Gedichte und hatte dazu Melodien im Kopf. Die Geburtsstunde der Doors – Türen zwischen dem Bekannten und dem Unbekannten (William Blake).

Schlagzeuger John Densmore stieß dazu und Gitarrist Robby Krieger. Zusammen kreierten sie einen oft düsteren, psychedelischen Sound, der in so experimentellen Stücken wie „The End“ oder „When The Music’s Over“ gipfelte. In der Regel lief das so ab: Jim Morrison kam mit einem Text und einer Melodie im Kopf zur Probe und die vier arbeiteten an den Songs. Zwar stammten auch einige Stücke aus der Feder des Gitarristen Krieger, etwa „Light My Fire“. Wobei die Zeile „Girl We Couldn’t Get Much Higher“ Morrisons Handschrift trägt. Als Komponisten waren stets The Doors genannt.

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Das änderte sich auch nicht, als Jim zum Sexsymbol einer ganzen Generation aufstieg. Versuche des Managements, ihn zu einer Solo-Karriere zu bewegen, scheiterten an Jimselbst. Er wusste: Ohne die anderen drei konnten die Songs nicht umgesetzt werden.

Legendär waren ihre Live-Shows vor allem wegen Morrison. Oft betrunken oder mit anderen Drogen vollgepumpt war ein Doors-Konzert eine Art Wundertüte. Teilweise war Jim nicht in der Lage wirklich zu singen, an anderen Abenden kam er viel zu spät. Mal sang er ein perfektes Konzert, mal sorgte er für den großen Skandal. Diesen, so seine traurige Überzeugung, wollten die Fans sehen. Auftrittsverbote und Konzertabsagen zog der Miami-Gig nach sich.

Welch eine Ironie stellt da das Hall-Of-Fame-Konzert dar. Und zeigt einmal mehr, dass es ohne Morrison nicht funktioniert. Nach seinem Tod brachten die Doors als Trio noch das Album „Other Voices“ heraus – ein Flop. Und die Suche nach den anderen Stimmen, sie dauert quasi bis heute an. 2004 versuchten Manzarek und Krieger ein Comeback. John Densmore musste passen, aus gesundheitlichen Gründen. Stuart Copeland, Schlagzeuger von The Police, übernimmt. Tatsächlich haben die beiden Drummer einen ganz ähnlichen Stil. Densmore klagt gegen das Projekt „The Doors of the 21st Century“ mit Ian Astbury (The Cult) als mäßigem Sänger. Man nennt sich um in „Riders on the Storm“, holt einen Bassisten dazu. Darauf hatten die Doors stets verzichtet, Manzarek spielte neben der Orgel einhändig einen speziellen Bass. Der „Independet“ wählt die Doors-Reunion auf Platz 4 der schlechtesten Rock-Comebacks aller Zeiten.

Generationen von Teenagern, die in ihrer eigenen pubertären Orientierungslosigkeit die Doors entdeckten, akzeptieren niemand anderen als Jim. Auch Eddie Vedder kann die Lücke nicht schließen, vor allem nicht, wenn er versucht, Morrison zu imitieren. Singt er im eigenen Stil bei „Break On Through“ vor den Anzugträgern in L.A., liegt mehr Gefühl darin. Da kommt immerhin ein klein wenig Bewegung an die großen, runden Tische im Century Plaza – doch dann ist das Drei-Lieder-Konzert auch schon vorbei.

Die Charts des Jahres 1993:

Disco ist zurück, auch wenn man inzwischen Dancefloor sagt. Der Sound dominiert 1993 die Jahrescharts, von Haddaway bis Dr. Alban. Ganz oben aber die Schweden Ace of Base mit „All That She Wants“. Ihr Album „Happy Nation“ gilt als erfolgreichstes Debüt der Musikgeschichte. Whitney Houston schafft mit „I Will Always Love You” Platz sieben der Single-Charts. Ihr Soundtrack zu „Bodyguard“, mit ihr in der Hauptrolle, führt die Albumcharts an. (Quelle: media control)

1.Ace Of Base: All That She Wants

2.Haddaway: What Is Love

3.4 Non Blondes: What’s Up

4.Culture Beat: Mr. Vain

5.2 Unlimited: No Limit

6.Snow: Informer

7.Whitney Houston: I Will Always Love You

8.Dr. Alban: Dr. Alban

9.UB40: I Can’t Help Falling In Love With You

10.Freddie Mercury: Living On My