Essen. Janosch Moldau ist einer der ruhigen Vertreter elektronischer Musik. Seine Songs klingen samtweich, oft melancholisch und düster. DerWesten sprach mit dem Ulmer über sein Selbstbild, Depeche Mode und die Bedeutung von Michael Jackson.

Janosch Moldau gilt als feste Größe der schwarzen Musik-Szene. Der Ulmer malt mit Gitarren und Synthies düstere Klangteppiche und zieht die Hörer in seinen Bann. DerWesten hat Moldau mit einigen Stichworten konfrontiert.

Janosch Moldau mag Songs von Depeche-Mode-Songwriter Martin Gore. Foto: Imago
Janosch Moldau mag Songs von Depeche-Mode-Songwriter Martin Gore. Foto: Imago © imago stock&people

Selbstportät versus Außensicht:

Janosch Moldau:Oh, da gibt es einen großen Unterschied! Ich bin gar nicht so komplett schwarz, wie es immer dargestellt wird. Das war ich nie. Das gerät in der Berichterstattung immer so eindimensional. Ich möchte einfach nur gute Pop-Musik machen. Gut, die gerät mir dann immer ein bisschen düster. Aber das wird auch etwas falsch wahrgenommen. So schwarz bin ich gar nicht und gehöre nicht zur Gothik-Szene. Ich habe nichts gegen die Szene, die hat viele treue Fans. Aber ich gehöre nicht in die Graf-Dracula-Ecke. Ich mag einfach melancholische Musik.

Köln versus Ulm:

Moldau:Das ist unfair. Ich habe in Köln gelebt, aber ich bin Lokalpatriot und liebe meine kleine Heimatstadt Ulm. Das Ulmer Münster ist ja auch höher als der Kölner Dom. Aber es sind beides schöne Städte.

Elektro-Pop versus Rock:

Moldau:Oh, sehr gut! Da kann ich mich gar nicht entscheiden. Ich höre gerne akkustische Sachen wie Johnny Cash. Ich möchte ja auch der Elektronik ein bisschen Menschlichkeit geben, die Elektronik so behandeln wie Rock. Das ist für mich sehr spannend und ich arbeite gerne daran. Wenn ich live spiele, spiele ich auch oft Gitarre oder singe Songs unplugged. Zu meiner Kölner Zeit bin ich viel sehr verkopfter Elektro-Musik begegnet. Ich bevorzuge da Bands wie Goldfrapp oder Depeche Mode, die der Musik Seele verleihen. Ein guter Song funktioniert ohnehin unabhängig von der Instrumentierung.

Janosch Moldau will mit Gitarren der Elektronik Menschlichkeit geben.
Janosch Moldau will mit Gitarren der Elektronik Menschlichkeit geben.

Martin Gore versus Dave Gahan:

Moldau:Das ist sehr einfach: Martin Gore. Der Rest von Depeche Mode nervt manchmal. Nein, im Ernst: Natürlich ist Dave Gahan ein guter Sänger, aber ich mag einfach die Songs von Martin Gore. Die hätte ich vielleicht auch ohne den ganzen Depeche-Mode-Zirkus gemocht. Ich mochte auch Gores Soloplatten sehr, auch wenn sie in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen wurden.

Live-Gig versus Studioarbeit:

Moldau:Beides sehr, sehr anstrengend. Studioarbeit kommt heutzutage oft ziemlich zu kurz, weil die Musiker viel live spielen, um zu überleben. Die haben dann nicht immer sehr viel Zeit für Studioarbeit. Künstler wie David Bowie konnten sich richtig viel Zeit nehmen, die sie in ihre Studioarbeit stecken konnten - ein bis zwei Jahre. Das geht heute kaum noch. Daher warte ich auch, bis ich genug neue Sachen habe, um ins Studio zu gehen.

Eigenes Label versus Plattenfirma:

Moldau:Mittlerweile bevorzuge ich das eigene Label. Da bin ich nicht der Einzige. Ich hatte ja mit verschiedenen Firmen gearbeitet, hatte dann aber gemerkt, dass du da nur eine Nummer bist. Viel können die großen Labels nicht mehr für einen tun. Zu allem Überfluss gibt es in Deutschland kaum noch Vertriebsmöglichkeiten für Independent-Künstler. Natürlich hat man mehr Büroarbeit, aber es hat große Vorteile.

Deutschland versus England:

Moldau:Ha! Beides schön. Ich habe immer einen Draht zu England gehabt. Ich habe da auch viele Freunde, mag aber auch Deutschland. Ich bin Deutscher, ein süddeutsches Kind, kein Engländer, wie oft behauptet wird. Beide Länder haben Vorteile. England ist etwas einfacher und in manchen Bereichen unkonventioneller.

Michael Jackson wurde
Michael Jackson wurde "von der Öffentlichkeit kaputt gemacht". Foto: AP © AP

Kraftwerk versus Jean Michel Jarre:

Moldau:Kraftwerk! Bei Jarre gab es zu viel Pathos. Ich mochte aber auch zum Beispiel nie Musicals. Kraftwerk haben elektronische Musik ganz stark verkörpert mit ihren Robotern und so. Das war schon sehr mächtig. Wobei ich auch frühere Sachen von Daniel Miller - The Normal - noch besser fand als Kraftwerk. Ende der 70er gab es tolle Sachen, das war fast schon Techno.

Dur versus Moll:

Moldau:Beides schön. Nur ich rutsche öfter ins Moll. Ich weiß nicht warum... Es gibt auch Dur, ja!

Michael Jackson versus Elvis:

Moldau:Da muss ich überlegen. Ich bin zurzeit sehr bewegt wegen Michael Jackson. Ich würde sagen, beide sind gleichwertig. Michael Jackson wurde noch ein Stück härter von der Öffentlichkeit kaputt gemacht. Ich habe ihn eigentlich nie viel gehört. Als Mensch fand ich ihn aber sehr wichtig, weil man viel über ihn nachdenken musste. Elvis und Michael Jackson waren beide ganz, ganz große Stars. Ich stelle mir immer mit einem bisschen Gänsehaut die Frage: "Wird's das noch mal geben? Was kommt, wenn die letzten Großen weg sind?" Ich sehe zwar ganz viele gute Musiker, aber es gibt inzwischen ja zwei parallele Systeme - DSDS und den Rest. Viele gute Bands gelten heute ja fast als Alternative. Da wird es schwer, noch einmal so eine Rolle zu spielen wie Elvis oder Michael Jackson.