Essen/München. .

Ralph Siegel wird am Donnerstag 65 Jahre alt. Mehr als 2000 Lieder hat der Komponist geschrieben. Manche hat die Musikwelt vergessen, viele aber sind längst Evergreens geworden.

65 wird er heute. Eigentlich noch kein Alter. Trotzdem ist lange ungewiss, ob Ralph Siegel diesen Geburtstag noch erleben würde. „Prostatakrebs” lautet 2007 die Diagnose der Ärzte. „Fortgeschrittenes Stadium.” Doch Siegel gibt nicht auf. Macht er nie. Und er schafft es. Heute geht es ihm nach Einschätzung seiner Mediziner wieder „sehr gut”. Von „Sieg” über den Krebs will er dennoch nicht sprechen. „Eingedämmt” sei die Krankheit, sagt er. Soweit, dass er damit alt werden könne.

Die Prioritäten haben sich dennoch verschoben in Siegels Leben. Manche Party sagt er ab, Promo-Termine reduziert er auf das Nötigste. „Ich bleibe lieber einmal mehr zuhause oder gehe im kleinen Kreis essen.” Nur das Oktoberfest, das ist Pflichtveranstaltung. „Obwohl ich ja meine Essgewohnheiten ändern müsste.” Ansonsten aber hat Siegel keine Angst etwas zu versäumen. „Höchstens das Flugzeug am Flughafen.”

Mehr als 2000 Lieder geschrieben

Die Arbeit aber lässt ihn nicht los, den gebürtigen Münchener. Am Mittwoch hat er schon sein 50. Komponisten-Jubiläum gefeiert. Ein halbes Jahrhundert, in dem Siegel über 2000 Lieder geschrieben hat. Manche hat die Musikwelt vergessen, viele aber sind längst Evergreens geworden. „Griechischer Wein”, „Fiesta Mexicana”, „Du kannst nicht immer 17 sein” – Siegel hat Schlagerstars wie Udo Jürgens, Rex Gildo oder Chris Roberts zwar nicht berühmt gemacht, aber er hat ihnen einige ihrer größten Hits beschert. Auch dafür erhält er schon 2007 den Musikpreis Echo für sein Lebenswerk. „Ralph Siegel gehört seit Jahrzehnten zu den prägenden Persönlichkeiten des deutschen Musikgeschäfts“, heißt es in der Laudatio.

Und dann ist da dieser Musikwettbewerb, der noch Grand Prix Eurovision de la Chanson heißt, als Siegel seinen ersten Kandidaten ins Rennen schickt. Ein ambivalentes Verhältnis hat er zu der Veranstaltung. 1982 gewinnt er mit Nicole und „Ein bisschen Frieden”. „Mr. Grand Prix” wird er seitdem gerne mal genannt und bekommt das Bundesverdienstkreuz. Doch es ist ein Erfolg, den er nie wiederholen kann, obwohl er es fast Jahr für Jahr wieder versucht. Drei Mal landen Lieder von ihm auf dem zweiten Platz, zwei Mal auf dem dritten Rang, in jüngster Zeit allerdings nur noch unter „ferner liefen”.

Trotzdem kann er vom Grand Prix nicht lassen. Erst recht nicht, seit Lena den Titel nach Deutschland geholt hat. „Ein bezauberndes Goldkind”, nennt er sie, bescheinigt ihr aber ein „kleines Stimmchen”. „Sie ist keine Barbara Streisand oder Celine Dion.“ Deshalb ist er auch skeptisch, ob Lena ihren Titel verteidigen kann? „Das wird sehr schwer.” Aber nicht unmöglich.

„Vielleicht schreibt Stefan Raab ja ein super Lied.” Falls nicht, bietet Siegel Hilfe an. „Dann sollte er mich ins Boot holen. Aber das macht er ja sowieso nicht.” So wird Siegel der Gold-Lena möglicherweise Konkurrenz machen, im kommenden Jahr. „Vielleicht reiche ich ein Lied woanders ein.” Hat er 2009 das letzte Mal gemacht. Und ist bereits im Halbfinale rausgeflogen.

Kritiker werfen Siegel deshalb manchmal vor, er lebe in der Vergangenheit und habe nicht aufgehört, als es am schönsten war. Der Jubilar sieht das anders. „Wenn kreative Menschen aufhören ihrer Berufung nachzugehen, gehen sie meistens ein.” Deshalb will er nicht aufhören. Und weil er noch so viele Pläne hat.

Traum vom Musical

„Clowntown” heißt einer davon und ist ein Musical, an dem Siegel seit gut 25 Jahren arbeitet. Am Broadway soll es gespielt werden und deshalb fliegt er Mitte des Monats wieder einmal nach New York. 30 Showstars und Musiker sollen dort singen und spielen, sollen zeigen, was der Mann aus Germany erdacht hat. „Dann kommt es darauf an, ob die Produzenten und Geldgeber einsteigen oder nicht.” Wenn sie es tun, wäre Siegel der erste Deutsche Komponist, der nach dem Krieg ein Stück auf den Broadway brächte.

Aber erst einmal wird er heute seinen 65. Geburtstag feiern. Nicht zu klein und nicht zu groß, „mit vielen Freunden aus nah und fern”. Und eigentlich nur mit einem großen Wunsch: „Gesundheit.”