Nashville. .

Johnny Cash sang sein eigenes Requiem: Mit „American VI: Ain’t No Grave“ ist der endgültig letzte Teil der Aufnahmen erschienen, an denen Cash mit dem Produzenten Rick Rubin zwischen dem Tod seiner Frau June Carter Cash und seinem eigenen Ende arbeitete.

Man müsste schon ein Herz aus Stein haben, wenn man von diesem letzten Abschiedsgruß des Johnny Cash nicht ergriffen wäre. Ein alter Mann, der mit schon brüchiger Stimme sein eigenes Requiem singt, jeder Song ein Wegweiser ins Jenseits. Angefangen beim Titelstück „Ain’t No Grave“. Wo man erwartet, dass eben jene Zeile „There ain’t no grave/can hold my body down“ mit dem Trotz des Sterbenden gesungen wird, der sich zum letzten Mal gegen den Tod aufbäumt, klingt der unheilbar kranke Cash, als hätte er sich schon in sein Schicksal gefügt und wolle nun den eigenen Trauerzug anführen.

„American VI: Ain’t No Grave“ ist der endgültig letzte Teil jener Aufnahmen, die Cash zwischen dem Tod seiner Frau June Carter Cash und seinem eigenen Ende gemeinsam mit dem Produzenten Rick Rubin für die Nachwelt festhielt. Immer wieder mussten die Aufnahmen unterbrochen werden, weil Cash zu schwach und krank war. Immer wieder raffte er sich auf, doch noch seine Songs zu singen.

Frieden mit sich und der Welt gemacht

Es ist die Stimme eines Mannes, der seinen Frieden mit sich und der Welt gemacht hat. Die ganze, flüchtige halbe Stunde besteht praktisch nur aus Abschiedsnoten; Cash singt vom Zug der geradewegs aufs Himmelstor zufährt, er zitiert in seiner Eigenkomposition „I Corinthian 15:55“ eben jene Zeile aus dem Korintherbrief: „Tod, wo ist Dein Stachel? Tod, wo ist Dein Sieg?“

Cash bedient sich in verschiedenen Jahrzehnten, interpretiert „Can’t Help But Wonder Where I’m Bound“ von Folksänger Tom Paxton so einfühlsam wie „Redemption Day“ von Sheryl Crow.

Gewiss ist dies nicht der beste Teil von Cashs „American Recordings“, dazu sind unter den Vorgängern zu viele Meilensteine. Aber gewiss ist dies der ergreifendste Teil – bis hin zum letzten, sanftmütig lächelnden „Aloha Oe“ und Cashs Versprechen für das Jenseits, das in der letzten Zeile steckt: „Until we meet again“.