Dortmund. Nach zwei Jahren Pause hat Christopher von Deylen alias Schiller sein sechstes Album veröffentlicht. Mit „Atemlos“ ist dem Sound-Künstler ein hervorragendes Werk gelungen.

Ist es theatralisch, wenn ein Pop-Album mit einem Intro anfängt à la „Guten Abend. Herzlich willkommen in der neuen Welt von Schiller…“? Ehrlich gesagt wirkt der Beginn des neuen Schiller-Albums „Atemlos“ beinahe kitschig. Gesprochen von Franziska Pigulla, der Stimme von Scully aus Akte X, lädt das Intro zum Hören der CD ein – als ob man das nicht ohnehin vorgehabt hätte. Doch das, was folgt, ist alles, aber nicht kitschig.

Eigenes Universum

Schiller erzeugt ein eigenes Klang-Universum. Was im ersten Moment noch ganz entfernt an das Intro von „Welcome to the Pleasuredome“ erinnert hat, stößt alsbald das Tor zu einer neuen Dimension auf. Die Sounds sind simpel bis bombastisch, nie eintönig und erst recht nicht langweilig. Schon das erste Instrumental „Tiefblau“ ist Elektroware aller erster Güte, wobei die Stilfrage unbeantwortet bleibt. Ist das New Age? Ambient? Synth-Pop? Die Schubladen passen nicht. Es ist Schillers ganz eigene Melange aus hingezauberten Klängen und sphärenhaft schwebenden Stimmen. Eine Musik von gewaltiger Leichtigkeit in der Tradition von Größen wie Jean-Michel Jarre oder Tangerine Dream.

Christoph von Deylen (li.) mit Drummer Jacki Liebezeit. Foto: Philip Glaser
Christoph von Deylen (li.) mit Drummer Jacki Liebezeit. Foto: Philip Glaser

Christopher von Deylen bedient sich auch auf „Atemlos“ wieder verschiedener prominenter Gastsänger und -musiker. Lenka, die mit „The Show“ einen großen Solo-Erfolg vorweisen kann, konterkariert Schillers Sound mit ihrer leicht schrägen Art zu singen. Midge Ure schlägt etwas rauere Töne an, die man aus Ultravox-Zeiten gar nicht von ihm kennt. Für seine Instrumentalstücke hat sich Schiller den Drum-Altmeister Jacki Liebezeit an Bord geholt, der schon für die Ur-Krautrocker Can trommelte.

Elektro-Symphonie

So leicht, wie die Sounds, mit denen Schiller seine Klangteppiche webt, sind, so sinfonisch kommen seine Stücke daher. Das erinnert sehr an Mike Oldfields beste Zeiten mit großen Instrumental-Werken wie Tubular Bells oder The Lake. Und wie Oldfield kann Schiller auch beides: große Instrumental-Werke und hittaugliche Nummern in trauter Verbindung auf einer Scheibe. "Try" mit der fabelhaften Sängerin Nadia Ali besitzt das größte Hit-Potential.

Die Nähe zu Oldfield, mit dem von Deyeln bereits zusammenarbeitete, zeigt sich besonders beim Blick auf die DVD mit der 19-minütigen Elektro-Symphonie „Wasser“. Das ist Entspannung pur, allerdings auch etwas eintönig geraten. Unterlegt ist die Symphonie mit Unterwasseraufnahmen von einer Polarstern-Expedition in die Arktis, an der von Deylen teilnahm. Viel zu sehen gibt es dort allerdings nicht.

5.1-Version auf DVD

Ein echtes Leckerchen für die Ohren ist die 5.1-Version des Albums, die sich in Auszügen ebenfalls auf der DVD befindet. Hier spielt von Deyeln die volle Power seiner Musik aus und verleiht fünf Stücken noch einmal einen zusätzlichen Schub an Opulenz.

Interessante Bilder liefert das Video der Polarstern-Expedition. Unterlegt mit Klängen des Albums vermittelt der Film die Eindrücke der Arktis, die von Deylen zu seiner Musik inspiriert hat. Wer es musikalischer mag, findet mit dem Video von der Studio-Session mit Drummer Jacki Liebezeit ein kleines Highlight. Es ist schon sehr interessant, wie das minimalistische Trommelspiel Liebezeits durch von Deylen arrangiert wird, ohne dabei an Authentizität zu verlieren.

Mit „Atemlos“ hat Schiller ein großes Album abgeliefert, das auch beim x-ten Hören nicht langweilig wird. Er definiert den Weg, den moderner Synth-Pop (wenn es denn welcher ist) im 21. Jahrhundert gehen sollte. Es ist nicht retro, nicht Neo-80s, sondern modern und aktuell – einfach gut.

Drei Versionen

"Atemlos" ist in drei verschiedenen Versionen erhältlich. Die Basis-Fassung trägt dabei schon den verwirrenden Titel "Deluxe Edition" und beinhaltet eine CD mit 18 Stücken sowie die DVD unter anderem mit der Elektronik-Symphonie "Wasser".

Die limitierte "Super Deluxe Edition" enthält zwei CDs und auf der DVD eine weitere Elektronik-Symphonie namens "Luft". Schließlich ist da noch die "Ultra Deluxe Edition" mit zahlreichen Extras.

Am 15. Mai spielt Schiller in der Düsseldorfer Philipshalle.