Essen. Wer Spaß hat an Retro-Sounds und Roots-Musik, kommt an Pokey LaFarge nicht vorbei. Auch wenn sein Timbre mindestens gewöhnungsbedürftig ist.

Das Morbide, Kaputte gehört zur Musik des Pokey LaFarge wie das ständige Gefühl des Hörers, dass dieser Mann rest- und rettungslos aus der Zeit gefallen sein muss. Auf dem Cover seines neuen Albums „Rock Bottom Rhapsody“ (New West Records) posiert der Sänger tatsächlich als Totentänzer mit einem schick angezogenen Skelett; natürlich stilecht im weißen Anzug und mit Nelke im Knopfloch. Und seine 13 neuen Lieder (von denen einige allerdings lediglich instrumentale Zwischenspiel-Tupferchen setzen), spielen mit Elementen, die man aus dem Soul der 1960er-Jahre genauso kennt wie aus Hollywood-Schnulzen der 1930er-Jahre.

Ungewöhnlich ist das allemal. Abgedreht ebenfalls. Aber vieles davon auch ausgesprochen unterhaltsam.

Mit Waschbrett und Mundharmonika

Pokey LaFarge gehörte früher zu den Eleven des legendären Jack White. Der 36-Jährige, der eigentlich Drew Heissler heißt, stammt aus St. Louis. In Missouri trat er anfangs in Minimalbesetzung mit Waschbrett, Gitarre und Mundharmonika auf, inzwischen lebt er nach dem Wechsel der Plattenfirma allerdings im Moloch Los Angeles, was ihn nach eigenem Bekunden auch in so manche Lebenskrise führte. Seine Musik mündete bisher meist in mitunter bizarren Mischungen aus Jazz, Blues und Swing, präsentiert von seiner markanten nölig bis klagenden Stimme. Ein Timbre, das sicher nicht jedermanns Sache ist.

Aber man gewöhnt sich dran.

Ein bisschen Soul, ein bisschen Swing, ein bisschen Hollywood-Schnulzenmusik: Pokey LaFarge stöbert in ollen Kamellen.
Ein bisschen Soul, ein bisschen Swing, ein bisschen Hollywood-Schnulzenmusik: Pokey LaFarge stöbert in ollen Kamellen. © picture alliance / Photoshot | dpa Picture-Alliance /

Vor allem, wenn ihm – wie auf seiner neuen Scheibe – nach drei Jahren Pause plötzlich auch so schöne, soulige Momente gelingen wie bei „Carry On“ oder bei dem später folgenden „Ain’t Comin’ Home“. Da ist LaFarge vom Feeling nah dran am Retro-Sound eines James Hunter oder an den Klassikern eines Sam Cooke. In Richtung Jackie Wilson geht das swingende „Bluebird“, und wenn es ein Video geben sollte zu den schmachtenden Minuten von „Lucky Sometimes“, dann müsste es auf jeden Fall in Schwarz-Weiß gehalten sein...

Das Scheppern ist Konzept

Dass es dabei immer ein bisschen scheppern und schief klingen darf, gehört zum Konzept. Erst auf diese Weise kriegen Lieder wie der kaputt-rüde Schieber „Fuck Me Up“ (was für ein Kontrabass-Gezupfe!) oder der Kirmeswalzer „Lost In The Crowd“ ihre eindringliche Wirkung.