Berlin. Mit „Courage“ meldet sich Pop-Ikone Céline Dion nach längerer Auszeit zurück. Doch der neue Elektrosound passt nicht immer zu ihrer Stimmgewalt.

Gehen wir 20 Jahre zurück in der Zeitleiste des Pop. Ende der 90er-Jahre teilen drei Frauen das Fach des Diva-Pop untereinander auf: Whitney Houston, Mariah Carey und Céline Dion. Heute ist von den Grand Dames nur noch eine übrig. Whitney Houston starb im Jahr 2012 auf tragische Weise, Mariah Carey versucht immer wieder, an frühere Erfolge anzuknüpfen, landet dabei aber oft in der Lächerlichkeit.

Céline Dion ging irgendwann nach Las Vegas und brach dort alle Rekorde. Ihre Dauershow im Hotel Caesars Palace lief über 16 Jahre und ist die kommerziell erfolgreichste Konzertreihe, die es je gab. Nicht nur auf der Bühne ist Dion ein Star, auch ihre Alben landen immer noch konsequent auf Platz eins, vor allem auch auf dem französischen Musikmarkt, den die zweisprachige Kanadierin ebenso bedient. Ihre bis dato letzte Veröffentlichung war die Franko-Pop-Platte „Encore un soir“ (2016).

Céline Dions musikalische Wiederauferstehung

Jetzt singt Céline wieder auf Englisch. Nach einem längeren Rückzug ins Private – Dions Ehemann René Angelil und ihr Bruder verstarben 2016 beide innerhalb weniger Tage an Krebs– inszeniert die Diva das neue Album wie eine musikalische Wiederauferstehung. Das Cover zeigt sie im funkelnden Abendkleid vor einer großen Flamme, ein Phönix aus der Asche – und natürlich soll man das auch hören.

Für „Courage“ ließ Dion daher eine Armee an Songschreibern und Produzenten antreten, die ihre Musik bereit für 2019 machen sollten. Darunter die Electronic-Dance-Zampanos David Guetta und DallasK, die Popstars Sam Smith und Ari Leff (alias Lauv) und die Frau, die Hits schreibt wie andere Einkaufszettel: Sia Furler.

Überproduzierte Dance-Monster

Die Frischzellenkur greift nicht immer. Im Fall der ersten Single „Flying On My Own“ etwa geriet sie zum völlig überproduzierten Dance-Monstrum, dessen stampfender und sich bis zum großen Drop hochschraubender Clubbeat so gar nicht mit Céline Dions Schmetterstimme eins werden will.

Bleibt noch Dions Hauptfach: die Ballade. Sie setzt sich als Format auch auf diesem 20 Titel starken Albumletztlich durch. Die Stimme stets am Anschlag, die Fäuste geballt singt Céline wieder einmal große Stücke von (Selbst)Liebe, Verlust und Neuanfang. Aber auch hier gibt es stilistisch einige Anpassungen. Bisher streckten sich die Schmachtsongs eher in Richtung Soul und R&B , heute sind sie meist astreiner Orchesterpop. Übergroß kommt das Empowerment-Manifest „Lying Down“ daher. Die Guetta/Sia-Kollaboration gehört zu den wirklichen Highlights des Albums.

Céline Dion >> Courage
Columbia
Wertung: 3 / 5 Pkt.