Gelsenkirchen. Das dreistündige Konzert von Guns n' Roses in Gelsenkirchen hat sich für das Publikum gezogen: Sound und Stimmung waren im Keller.
An dieser Stelle hätte ein Foto vom Guns N’ Roses-Konzert in Gelsenkirchen stehen sollen. Mit dieser Leerstelle protestieren wir gegen eine willkürliche Einschränkung der freien Berichterstattung. Das Management der Band hat unseren Fotografen die Arbeitserlaubnis im Stadion verweigert. Deshalb bitten wir darum, in dieser Leerstelle einen Protest gegen eine willkürliche Einschränkung der Pressefreiheit zu sehen.
Anfang der 90er Jahren galten Guns n' Roses als größte wie gefährlichste Band der Welt. Mit Straßenkötercharme verkaufte man Millionen Alben, begann Konzerte aber auch gern mit mehrstündiger Verspätung oder brach diese nach wenigen Songs ab. Ein Vierteljahrhundert später ist davon herzlich wenig geblieben und selbst der eingefleischteste Anhänger muss schon mindestens ein Auge (oder besser: Ohr) zudrücken, um dem Gastspiel der Kalifornier in der Gelsenkirchener Arena etwas positives abgewinnen zu können.
Dies beginnt schon beim minutenlangen Intro, bei dem mittelmäßig animierter Panzer auf den Videoleinwänden im Zehn-Sekunden-Takt digitale Kanonenschüsse abgibt, was vermutlich Spannung erzeugen soll, aber lediglich das Nervenkostüm strapaziert. Hat man dies überstanden, dröhnt und donnert es im Fußballtempel, als Guns n' Roses mit „It's so easy“ und „Mr. Brownstone“ vom Debüt „Appetite for Destruction“ einsteigen.
Band tut wenig, um Stimmung hoch zu halten
Eigentlich als Stimmungsgaranten eine sichere Bank und vermutlich deshalb an den Anfang gestellt, weicht der erste Enthusiasmus schnell der Ernüchterung: Der Sound ist weder standesgemäß laut noch annähernd differenziert. Zugegeben, die Veltins Arena ist nicht gerade für ihre überragenden akustischen Eigenschaften berühmt, aber wenn man die Songs nicht in und auswendig kennt, hat man schon seine Probleme, zu erahnen, was hier gerade gespielt wird.
Nach einer guten Stunde bessert sich der Klang zwar merklich und verdient zum Ende hin durchaus das Prädikat „gut“, doch tut auch die Band reichlich wenig um das Stimmungsniveau hochzuhalten.
Auf jeden der trotz der übersichtlichen Diskografie von gerade mal vier Studioalben reichlich vorhandenen Gassenhauer vom Kaliber „Welcome to the Jungle“, „You could be mine“ oder „Nighttrain“ folgt unweigerlich wahlweise ein Stinker vom jüngsten Werk „Chinese Democracy“, endloses Instrumental-Gedudel oder ein verzichtbarer Coversong. So ist die Spielzeit mit gut drei Stunden zwar durchaus üppig bemessen, doch beschleicht den Zuschauer das Gefühl, dass es die Hälfte gefühlt auch getan hätte.
Band wirkt kühl und distanziert
Frontmann und Hauptakteur Axl Rose ist für seine derzeitigen Verhältnisse zwar durchaus bei Stimme (gerade die markanten, spitzen Schreie gehen immer noch durch Mark und Bein), wirkt aber seltsam abwesend, verschwindet regelmäßig während der Instrumentalpassagen von der Bühne und beschränkt die Kommunikation mit dem Auditorium auf ein paar genuschelte und ob der mit reichlich Effekten belegten Stimme praktisch unverständliche Ansagen.
Auch untereinander wirken die Akteure unterkühlt-distanziert. Statt großer gemeinsamer Gesten scheinen alle Beteiligten jeweils in ihrer eigenen, durch unsichtbare Mauern von den Mitmusikern getrennten Welt zu spielen.
„Knocking on Heaven's Door“ durfte nicht fehlen
Für die großen optischen und akustischen Gesten ist Gitarrist Slash zuständig. Nach wie vor mit den markanten schwarzen Locken, Sonnenbrille und dem obligatorischen Zylinder auf dem Kopf posiert der Inbegriff des coolen Rockstars lässig mit der Les Paul an den Knien und sorgt mit wenig Technik aber umso mehr Gefühl und seinem einzigartigen Ton (etwa bei „November Rain“) für die großen Gänsehautmomente.
Nach den unvermeidlichen „Knocking on Heaven's Door“, „Sweet Child of mine“ und „Paradise City“ bleibt der zwiespältige Eindruck einer Band, die irgendwie mehr sein will, als sie tatsächlich ist.