Essen. Die Zeiten, in denen die Musiker von "Element of Crime" jeden Fan einzeln abholen konnten, sind vorbei. Das freut Frontmann Sven Regener, der lieber mit der Trompete in der Hand auf der Bühne sterben würde als im Altersheim, wie er im Gespräch erzählt.

„Ich werde nie mehr so rein und so dumm sein wie weißes Papier”, sang Sven Regener vor 16 Jahren auf dem zum Klassiker gereiften Album „Weißes Papier” – und der Mann hat Wort gehalten. Elf Alben und drei Romane sind dem Häuptling der Kultband „Element of Crime” inzwischen aus der Feder geflossen. Jetzt ist die zwölfte CD („Immer da wo du bist bin ich nie”) da. Sven Westernströer traf den Sänger und Bestseller-Autor zum Gespräch.

Sven Regener. (c) Imago
Sven Regener. (c) Imago © imago stock&people

Ewig waren Sie ein Geheimtipp. Nun scheint sich der Erfolg plötzlich doch einzustellen. Haben Sie nicht Angst, so populär zu werden, dass Sie eines Tages bei „Wetten, dass..?” auftreten müssen?

Sven Regener: Och nö. Eigentlich ist es in Ordnung, uns nicht zu kennen. Wir sind ja nicht die Toten Hosen. Aber die Zeiten, in denen wir jeden Fan einzeln abholen mussten, sind dann doch vorbei. Es ist toll, dass es so viele Menschen gibt, die sich für unsere spezielle Art von Musik interessieren. Das hat jetzt eine Eigendynamik entwickelt, die ich klasse finde. Und mal unter uns: Eine Welt, in der wir bei „Wetten, dass..?” auftreten würden, wäre ja nicht die schlechteste. Aber da geht ja nur Chris de Burgh oder so hin.

Musiker haben etwas gegen Schubladendenken. Haben Sie mal versucht, sich stilistisch einzuordnen? Melancholischer Pop? Chanson?

Regener: Ganz klar: Es ist Rockmusik! Und das ist an sich schon eine farbige Angelegenheit. Wir haben immer versucht, unser Spektrum zu erweitern, auf der neuen Platte geht's verstärkt hin zu Folk und Country. Und wir gehen immer mit E-Gitarre auf die Bühne. Auf der neuen Tour haben wir sogar einen Geiger dabei.

Ist es grundsätzlich falsch, in Ihren Texten etwas von Ihnen selbst und Ihrem Leben herauslesen zu wollen?

Regener: Menschen, die mich gut kennen, würden nie auf die Idee kommen, nach Privatem in den Texten zu fahnden. Das wäre ja auch Quatsch. Aber die Lieder haben schon einen Ort und ein Land, in dem sie spielen. Das sind keine Phantasiewelten, die ich da aufbaue. Dabei ist es immer schöner, sich selbst etwas auszudenken, als wenn man in den Liedern einfach nur seinen eigenen blöden Alltag abbildet. Auf diese Weise sind die Texte natürlich zur Interpretation freigegeben, wo ich dann immer sage: Denkt nicht lang drüber nach, sondern hört euch die Songs einfach an! „Kopf aus dem Fenster, Arme aufs Brett, Fuß von der Bremse”: Genau darum geht's.

Regeners Leben

Ein Freund gehobener Öffentlichkeitsarbeit ist er nicht. Und doch gibt es nun eine Porträt-Dokumentation über Sven Regener. Den Film von Birgit Herdlitschke strahlt Arte (in Koproduktion mit dem ZDF) in einigen Wochen aus. Die 45-minütige Studie „Sven Regener - Mein Leben” wird am 10. Oktober, 17.15 Uhr, auf dem Kultursender gezeigt.

Ist das Alter für Sie ein Thema?

Regener: Das war es immer. Mit Mitte 20 habe ich schon dran gedacht, wie es sich wohl anfühlt, wenn man 40 ist. In jedem Alter hat man doch seine ganz eigenen Vorstellungen vom Leben. Heute bin ich soweit, dass ich sagen kann: Wie Mick Jagger mit Mitte 60 noch auf der Bühne zu stehen, wäre für mich eine super Sache. Musiker zu sein, ist der schönste Beruf der Welt. Ich würde lieber tot auf der Bühne mit der Trompete in der Hand zusammenbrechen, als irgendwo einsam im Altersheim. Trotzdem wird aus mir wohl kein Dauerkunde im Fitness-Studio.

Große Erfolge haben Sie zuletzt als Buchautor gefeiert. Die „Herr-Lehmann”-Trilogie ist jetzt abgeschlossen. Werden wir von Ihnen noch mehr lesen?

Regener: Bestimmt. Aber bis jetzt ist vom „Lehmann” kein vierter Band geplant. Doch es gibt ja noch andere interessante Gestalten innerhalb des „Lehmann”-Kosmos, von denen man erzählen könnte. Da warte ich noch auf die zündende Idee, das lasse ich ruhig angehen. Es gibt nichts Schlimmeres als einen Autor, der ohne gute Idee trotzdem ein Buch schreibt. So etwas braucht kein Schwein.