Bochum. Wenige Lieder, starkes Flair: Die schottische Sängerin und Songschreiberin Amy Macdonald setzte mit ihrem Konzert den Schlussakkord beim Zeltfestival Ruhr.
Nachts nach drei Uhr aufgewacht, im Kopf tanzt der „Poison Prince”, „the night away”. In den Ohren hallen volle Akkorde nach und die lebendigen kleinen Akzente, mit der die Band immer wieder die Melodien überraschte - kann ein Konzert seinen Zuhörern mehr (mit)geben als Musik bis in den Morgen?
Dabei reicht das Repertoire von Amy Macdonald tatsächlich für kaum mehr als eine Stunde. Eine einzige Platte hat die Schottin bislang gemacht, sie tourt jetzt drei Jahre lang damit und findet ja selbst: Die Konzerte sind immer anders, aber die Lieder immer dieselben, es muss was passieren. Und deshalb war dieser Auftritt in Bochum nicht nur für das Zeltfestival Ruhr, sondern auch für Amy selbst ein krachender Schlussakkord: „Das Ende des ersten Kapitels."
Wenn sie singt ist sie eine Göre mit Röhre
Die eigentlich brünette Sängerin begeht es blond, trägt artige Spangen in den Strähnen, dazu ein rotgestreiftes Kleidchen. Schüchtern sieht sie aus, und so spricht sie auch (wenn man denn Schottisch verstünde). Aber als die 21-Jährige singt, ist sie kein kleines Mädchen, dann ist sie Göre mit Röhre. Die klingt, als hätte sie diese Stimme er-lebt; andere züchten solche Klänge in der Kneipe. Amy Macdonald aber röhrt nicht aus der Tiefe, sie kann variieren und ist sehr konzentriert dabei - man sieht sie spät das erste Mal lächeln.
Und doch ist da Spaß auf der Bühne, man kann die Spielfreude hören und sehen, anders als bei der Vorgruppe „The Good Morning Diary” aus Hamburg, die im Publikum leicht depressive (Ver-)Stimmungen hinterließ. Dem guten Morgen folgt also ein besserer Abend, „and the songs they get louder, each one better than before”, wie im Titelsong „This is the life”. So wenig sind die Lieder, aber doch so gut, „Mr Rock & Roll” und „Run” sind Hits, der eröffnende „Poison Prince” ist noch am frischesten in den Ohren - und bleibt es dort offenbar am längsten.
Als Geschenk eine Springsteen-Zugabe
Es wird nicht viel gesungen im gemischten Publikum. Junge Leute mit Handykameras hören ebenso atemlos zu wie ältere, die mit verschränkten Armen auf den Zehenspitzen wippen. Es ist ein besonderer Abend, so konzentriert wie Amy selbst vor dem schlichten Hintergrund aus Licht und gerafften Vorhängen. Es ist, als fürchte man, auch nur einen einzigen Ton, nur eine einzige Farbe dieser Musik zu verpassen. Der intimste Moment allerdings ist einer, den die Sängerin sich leiht: Als Zugabe gibt sie Springsteens „Dancing In The Dark” - es ist ein Geschenk, das man mitnimmt ins Dunkle.