Halbstories, halbgar: Feridun Zaimoglus neuer Roman „Isabel“ ist gründlich misslungen – Zaimoglu sammelt seine Stories auf dem Markt der Oberflächen und präsentiert sie in einem Telegrammstil, der trotz seiner Einfachheit schräg wirkt.
Feridun Zaimoglu ist der Erfinder des Türkhochdeutschen, der Kanak Sprak, die ja nur vorgeblich authentische „Misstöne vom Rand der Gesellschaft“ waren: Zaimoglu, der 1965 als Einjähriger mit seinen Eltern nach Deutschland einwanderte, formte Mitte der 90er-Jahre seine Interviews mit Türkenjungs zu Zeugnissen eines eher kunstvollen als künstlichen Selbstbewusstseins. In seinen späteren Romanen „Leyla“ und „Liebesbrand“ schlug Zaimoglu furiose erzählerische Funken aus seiner kulturellen Doppelverwurzelung.
Ihn auf Romanstoffe dieser Art festzulegen, wäre grundfalsch. Niemand kann das ernsthaft wollen und vielleicht blieb die Kritik an Zaimoglus allzu klischeelastigem, allzu irrlichterndem Ruhrgebiets-Roman „Ruß“ auch deshalb meist vorsichtig bis verhalten. Zaimoglu wird den fatalen Einwanderer-Bonus verfluchen, aber das ändert nichts daran, dass auch sein neuer, grunddüsterer Roman „Isabel“ gründlich misslungen ist. Er spielt an den Rändern von Berlin, die sich oft im Herzen der Stadt befinden.
Der traurigen Heldin Isabel ist eine große Liebe abhanden gekommen, sie hält sich an sich selbst fest und an ihrer Hündin Ruby, mit der sie durch Berlin streunt. Vorbei an der „Flaschenpflückerin“ im Monbijoupark, an der Tafel, am rätselhaften Tod ihrer Freundin Juliette und an Marcus, der Soldat im Kosovo war und dem ein Vater dort die eigene behinderte Tochter vors Auto geworfen hat, um Schadenersatz und Schweigegeld zu kassieren. All das bleiben lose verbundene, auf dem Markt der Oberflächen eingesammelte Halbstories. Sie sind dargeboten in einem Telegrammstil, der trotz seiner Einfachheit schief, schräg, gewollt wirkt, ja gewürgt.
Es kann nur besser werden.
Feridun Zaimoglu: Isabel. Roman. Kiepenheuer & Witsch, 237 S., 18,99 Euro.