Der Spion, der die Frauen liebte: Der Londoner Schriftsteller William Boyd schrieb den offiziellen neuen James-Bond-Roman „Solo“. Agent 007 ist darin ein charmanter Romantiker.

James Bond feiert seinen 45. Geburtstag mit einem feinen Essen allein im Londoner Nobelhotel Dorchester, und schon 1969 konnte ein Mann dies Alter zum Anlass für eine gepflegte Krise nehmen. Dass Bond misstrauisch wird, als eine schöne Blonde sich ihm unzweideutig nähert, liegt aber eher an professionellen denn persönlichen Zweifeln: Nicht, dass er in eine Falle tappt, wenn er ihrer Einladung zur Cocktailparty folgt!

Der Londoner Schriftsteller William Boyd hatte die Ehre, den neuen, offiziellen Bond-Roman zu verfassen. Boyd, William Boyd, der in Ghana geboren wurde und sich seit seinem Debüt „Unser Mann in Afrika“ 1981 immer wieder mit dem Kontinent beschäftigte, jagt 007 ins fiktive afrikanische Zanzarim. Ein Land, das nach Ölfunden in einen Bürgerkrieg verstrickt ist – wer sich an Biafra erinnert fühlt, liegt nicht falsch.

Wenn Boyd Bond durch den Dschungel jagt oder den maroden Charme alter Kolonialhotels schildert, ist seine Vertrautheit mit diesen Settings zu spüren. Mit Bond aber fremdelt Boyd – bewusst. Immer wieder stößt er uns augenzwinkernd darauf, dass er einem Mythos huldigt. Wie gewieft der Autor Illusionen zu nähren vermag, bewies er bereits im Schelmenstück einer fiktiven Künstlerbiografie – sein „Nat Tate“ setzte der New Yorker Kunstszene eine Pappnase auf. Und wenn er nun aus klassischen Zutaten wie den gefährlichen Reizen schöner Frauen den bewährten Cocktail mixt, rührt er ein Quantum Ironie hinein. Die Blonde vom Beginn spielt zwar in B-Movies die Vampirin, ist aber ansonsten harmlos, Bonds Panik folglich lächerlich.

Dabei ist es diesem neuen, altmodischen Bond, den man sich kaum als Daniel Craig denken kann, mit Frauen sehr ernst. Noch immer charmanter Gourmet fleischlicher Genüsse, zeigt er sich doch überraschend romantisch, verletzlich gar. Und übt am Ende aus echter Liebe schmerzlichen Verzicht. Ein moderner Mann – von 1969.

William Boyd: Solo. Berlin Verlag, 368 S., 19,99 €