Düsseldorf. . Akademierundgang 2018 in Düsseldorf: Gemälde, Plastik,Videos und Grafik zwischen Spektakel und banal. Präsentationen sind immer professioneller.
Fehlt nur noch die blinkende Leuchtreklame „Erleben Sie die Kunst-Stars von morgen!“ Aber die Menschen strömen in diesen Tagen auch so zur Eiskellerstraße 1 und drängeln sich vor der Pforte der neuehrwürdigen Kunstakademie. Der Kunstnachwuchs von heute versteht sich besser als jede andere Generation aufs Präsentieren. Diesmal schon vor dem Eingang des gut 140 Jahre alten Neorenaissance-Palastes: Dort steht ein meerblauer Container, hinter dessen Glasscheiben es nach einer normalen Wohnung aussieht – bis auf die Tatsache, dass Luftblasen blubbern, wenn Marco Biermann (33) und Thomas Kleiner (27) in ihrem Gemeinschaftswerk „Unter Wasser – Lebensentwurf“ das ganz normale Leben proben. 15 Grad Wassertemperatur sorgen allerdings für einen gelegentlichen Ausstieg aus dieser Abschlussarbeit.
Wenn dann die Trauben von Schaulustigen vor dem Container wieder auseinanderkullern, geben sie den Blick frei – auf die Schlange am Eingang. Schon früh am Tag ist der Andrang groß. Es werden nur noch so viele Rundgangsanwärter vom Wachpersonal hereingelassen, wie an Rundgangsabsolventen wieder herauskommen. Und ein „Rundgangsheft“ (5 Euro) gab’s früher auch nicht, es heißt, oho, „Maximalismus“ und zeigt, nach den Fotoporträts der beteiligten Künstler, vor allem Gemälde. Und Grafiken wie das hemmungslos konventionelle, aber technisch brillante Jagd-Stillleben in Graphit von Marleen Müller.
„(P)arty“ am Abend
Und eine stattliche Reihe von Anzeigen – schließlich unterrichtet ein Akademieprofessor wie Robert Fleck, der einstige Bundeskunsthallen-Intendant, die Studierenden auch darin, wie sie es anstellen, von ihrer Kunst zu leben. So kommt es, dass man beim Akademie-Rundgang kaum mehr auf die mitunter unfreiwillig komischen, aber ungemein sperrigen, ja trotzigen Bastelarbeiten früherer Jahre stößt; stattdessen beherrschen aufwendige Video-Arbeiten mit mehreren Monitoren das Bild. Oder handwerklich perfekte Installationen wie die mit Hilfe einer Motorpumpe gespenstisch atmende Schweinelunge als schmerzhaft berührender Denkanstoß.
Selbstverständlich gibt es auch an der Akademie von der Holzskulptur bis zur Fotomontage alles, aber eben auch die Erkenntnis, wie schwer es fällt, auf etwas Neues zu kommen, wenn doch eh schon alles irgendwie mal dagewesen ist. So sieht man die Klasse von Andreas Gursky auf den Spuren des Meisters mit Foto-Verfremdungen (mit höchst ansehnlichen Ergebnissen) arbeiten, die Klasse von Marcel Odenbach ist deutlich inspiriert von dessen Videos, schwenkt aber gern auf Genres wie Malerei oder Plastiken. Schüler von Gregor Schneider schließlich leisten sich gar ein ironisches Zwinkern und bauten ein Gerüst hoch zum Atelierfenster, aus dem es dann hinausgeht auf schmalen, engen Gerüsten, die Fassade des Kunstlehrtempels hinunter und durch einen Souterrain-Eingang wieder hinein. Nur die farbbeklecksten Alu-Spülbecken in der Atelier-Ecke wird heute keiner mehr für ein Werk halten, die Fettecken von heute sind eher hölzerne Fensterbretter mit zwei Basilikumtöpfen unter einer Schreibtischlampe, kluges Sinnbild, Alltagskunst und Kunstalltag zugleich.
Der Akademie-Rundgang bleibt indes eine Herausforderung an die Urteilskraft, die Großartiges neben Belanglosem entdecken wird. Beim schwarzgelben Wandteppich aus Federn mag das noch leicht zu entscheiden sein, aber die Grafik mit einer Bleistiftlinie, die am Ende nach oben führt unter der Aufschrift „kein Problem“ ist irgendwie beides, immerhin zaubert sie vielen Rundgängern mindestens einen Mundwinkel nach oben. Oder das handgemalte DIN-A4-Plakat für die Abendgestaltung, das einen feierwütigen Hinweis auf die Nachtseite des Akademierundgangs verkündet: „Heute Abend (P)arty bis der Tod uns scheidet“.