Essen. Neu im Kino: Die szenische Dokumentation „Fräulein Stinnes fährt um die Welt”, über eine unerschrockene Industriellentochter, die die Welt erkundet, und die Jugendromanze „Summertime Blues”.

Sie rauchte Kette, trug vorwiegend Hosen, fuhr Autorennen und war nicht auf den Mund gefallen. Keine Frage, die Industriellentochter Clärenore Stinnes war selbst für die wilden Zwanziger des vergangenen Jahrhunderts eine außergewöhnliche Frau. 1927 brach sie mit zwei Technikern in einem klapprigen Pkw des Typs Adler Standard 6 zu einer Reise auf, die in zwei Jahren rund um den Globus führte. Ebenfalls mit dabei: der Kameramann Carl-Axel Söderström, der den waghalsigen Trip dokumentierte.

Fräulein Stinnes fährt um die Welt

Deutscher Kinostart: 20. August 2009

Regie: Erica von Moeller

Darsteller: Sandra Hüller, Bjarne Henriksen, Martin Brambach, Andreas Schlager, u.a.

Der damals entstandende Dokumentarfilm „Im Auto durch zwei Welten” bildet neben Tagebuchaufzeichnungen der beiden Hauptprotagonisten das Zentrum der szenischen Dokumentation „Fräulein Stinnes fährt um die Welt” der Regisseurin Erica von Moeller. Sie ergänzt die noch immer imposanten Archivbilder aus entlegenen Landstrichen durch Spielszenen, in denen vor allem die sich anbahnende Liebesbeziehung zwischen Stinnes (Sandra Hüller) und Söderström (Bjarne Henriksen) in Szene gesetzt wird.

Herausgekommen ist bei diesem ungewöhnlichen Projekt ein über weite Strecken kurzweiliges Roadmovie, dem es aber nicht gelingt, einem diese außergewöhnliche Frau wirklich nahe zu bringen. RL

Familienkrach in Kent

Kramer gegen Kramer war gestern: Heute erzählen Scheidungsgeschichten nicht mehr zwangsläufig vom erbitterten Sorgerechts-Zoff der Eltern, sondern vom Organisationswirrwarr der neuen Patchwork-Familien. Der 15-jährige Alex (François Goeske) gerät in den Strudel der Ereignisse: Mama Diana (Karoline Eichhorn) verplant den Sommer mit ihrem neuen Lover, dem Schauspieler Seth (Alexander Beyer) bei Dreharbeiten im englischen Kent. Papa Steffen (Christian Nickel) gründet mit seiner jüngeren Sekretärin Mandy (Maja Schöne) gerade eine neue Familie. Das Gästezimmer ist belegt und Alex ein Getriebener der familiären Veränderungen.

Summertime Blues

Kinostart: 20. August 2009

Regie: Marie Reich

Darsteller: François Goeske, Sarah Beck, Karoline Eichhorn, Alexander Beyer und andere.

Freigegeben ab zwölf Jahren

„Summertime Blues”, der erste Langfilm von Regie-Newcomerin Marie Reich, kommt als problembewusste Sommerromanze daher, landet aber rasch in den Niederungen einer Daily-Soap fürs Bravo-Publikum. Kein Problem wird ausgespart, die Klischees auch nicht. Der Stiefvater ist ein arroganter Schnösel, dem schnell mal die Hand ausrutscht, der eigene Vater ein unselbstständiger Stenz, unfähig zum Pizzakarton-Entsorgen, und wenn eine Ehe funktioniert, dann nur als Hippie-Parodie. So holzschnittartig und überzogen das Spiel der Erwachsenen ist, bleibt für differenzierte Betrachtungen von Pubertäts-Problemen in Zeiten des elterlichen Rosenkrieges kaum Platz. Statt mit dem pfiffigen Pferde-Mädchen Louie (Zoe Moore) im Wald Dachse zu beobachten, verguckt sich Alex am Ende auch noch in die zickige Faststiefschwester Faye (Sarah Beck).

So sehr man sich Happy Ends für Scheidungskinder wünscht: Dieses wirkt arg erzwungen. (MaS)