Essen. Der normannische Dorfbäcker Martin liebt die Literatur – und die junge Engländerin Gemma, die er für eine Art „Madame Bovary“ hält. Allerdings will er ihr deren tragisches Ehebruchschicksal ersparen. Doch das misslingt. – Fabrice Luchini und Gemma Arterton glänzen in der Tragikomödie „Gemma Bovery“.

Seine neuen Nachbarn sind wie ein Geschenk des Himmels für den Bäcker Martin Joubert. Er, der einmal als Lektor in Paris gearbeitet hat und nun in einem Dorf in der Normandie die Familienbäckerei führt, langweilt sich schrecklich. Da kommt ihm das junge englische Paar Gemma und Charlie Bovery, das in das alte Haus gegenüber eingezogen ist, gerade recht. Schließlich erinnern ihn schon ihre Namen an die Protagonisten aus Gustave Flauberts Roman „Madame Bovary“.

Anne Fontaine treibt in ihrer stets ein wenig augenzwinkernden Verfilmung von Posy Simmonds’ Graphic Novel „Gemma Bovery“ ein virtuoses Spiel mit literarischen Phantasien und Verweisen. Natürlich ist die von Gemma Arterton gespielte Gemma keine Emma Bovary. Dafür ist sie letztlich viel zu bodenständig und auch viel zu nett. Eigentlich müsste alles Tragische an ihr einfach abprallen. Doch der sehnsuchtsvolle Blick des Bäckers verändert alles, für sie und die Menschen um sie herum.

Eine kurze, von Missverständnissen geprägte Affäre

Joubert (Fabrice Luchini) ist derart besessen von romantisch-tragischen Vorstellungen, dass er mit seinen Andeutungen und seinen Manipulationen ein immer engeres Netz um Gemma spannt. Fast fragt man sich, ob es nicht sogar sein Wille ist, der Gemma in ihre kurze, von Missverständnissen geprägte Affäre mit dem jungen Hervé de Bressigny (Niels Schneider) stürzen lässt. Zumindest sind es aber Jouberts Intrigen, die deren Ausgang bestimmen.

Fabrice Luchini erschafft hier einen ganz neuen Typ von Stalker. Dieser Joubert ist eigentlich eine lächerliche Gestalt. Doch je mehr der Bäcker den Kontakt zur Realität verliert, desto bedrohlicher wirkt Fabrice Luchini. Sein eindruckvolles Spiel, das einen in ein wahres Wechselbad der Gefühle stößt, erweist sich als Gegengewicht zu Anne Fontaines ironischer Inszenierung. So ist es vor allem Luchini zu verdanken, dass einem Gemmas und Hervés Schicksal tatsächlich zu Herzen geht.

Wertung: 3 von 5 Sternen