Essen. . Richard Beller (Roeland Wiesnekker) hat Probleme: Von seiner Frau lebt er getrennt, der Job wächst ihm über den Kopf. Und dann pilgert seine 78-jährige Mutter Hilde (Christine Ostermayer) eines Tages einfach so nach Altötting. – Das Drama “Nebenwege“ ist das Spielfilmdebüt von Michael Ammann.

Die Familie holt jeden ein. Es ist eine bittere, aber auch befreiende Erfahrung, die der End-Dreißiger Richard Beller (Roeland Wiesnekker) zusammen mit seiner 78-jährigen Mutter Hilde (Christine Ostermayer) und seiner 14-jährigen Tochter Marie (Lola Dockhorn) im Lauf einiger schicksalhafter Sommertage machen muss.

Persönliche Verletzungen und gesellschaftliche Anforderungen, der Lauf der Zeit und die Launen des Lebens, haben die Familie Beller zersprengt, wenn nicht gar atomisiert. Lässt man sich nicht von teils arg konstruierten Wendungen und den teils extrem klischierten Details abschrecken, dann kann man in Michael Ammanns Spielfilmdebüt „Nebenwege“ ein bemerkenswertes Familien- und Generationenporträt entdecken.

Natürlich übertreibt es Ammann, der auch das Drehbuch zu dieser filmischen Pilgerreise zur Schwarzen Madonna von Altötting geschrieben hat. Es reicht ihm nicht, das Leben des völlig überforderten Architekten Beller innerhalb kürzester Zeit komplett in sich zusammenstürzen zu lassen. Er muss dem Betrachter auch noch jeden Konflikt auf dem Silbertablett servieren.

Die Alzheimer-Krankheit der Mutter

Das ist alles zu viel: die Alzheimer-Krankheit der Mutter, die flüchtet, als sie ins Altenheim soll, die Renitenz der Tochter, die dem Vater seine Affäre mit „der Tussi“ nie verziehen hat, und dann noch der Festplatten-Absturz im Büro, der ein großes Geschäft mit „den Chinesen“ zunichtemacht.

Dennoch gelingt es Roeland Wiesnekker, Christine Ostermayer und Lola Dockhorn, ihre an sich nur grob skizzierten Figuren zu komplexen Persönlichkeiten auszuformen. Inmitten dieser einfach aus aufeinandergetürmten Problemen zusammengebastelten Seifenopern-Welt bewahren sie sich eine erfrischende Natürlichkeit. In ihren oft irrationalen Reaktionen spiegeln sich all die widersprüchlichen Emotionen, die Teil einer jeden Familie sind.

Für ein paar Tage sind sich die drei Generationen unerträglich nah. Aber gerade aus dieser Nähe erwächst etwas Heilsames. Zusammen können sie dem Leben und der Welt, die sie erdrücken, trotzen.

Wertung: 3 von 5 Sternen