Essen. . Regisseur Felix Hengren hat den Bestseller „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ des schwedischen Autors Jonas Jonasson verfilmt. Der Roadtrip führt den Greis Allan Karlsson (Robert Gustafsson) nicht nur durch Schweden, sondern vor allem zurück in die Vergangenheit.

Wer Jonas Jonassons Erfolgsroman „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ las, und das sind viele, weiß schon Bescheid. Alle nicht minder zahlreichen anderen dürften neugierig aufhorchen angesichts des nun folgenden Handlungsverlaufs.

Allan Karlsson büxt an seinem 100. Geburtstag aus dem Altenheim aus, weil er keine Lust auf Kuchen und Gesang verspürt. Am nahen Kleinbahnhof kommt er in den Besitz eines Koffers. Der Besitzer, ein cholerischer Punk, arbeitet für einen Rocker, der wiederum einem Gangsterboss in Übersee eine Menge Zaster schuldet.

Karlsson ahnt von all dem nichts. Er hat einen Zug bestiegen und strandet an einem Bahnhof im Nirgendwo. Der dortige Vorsteher freut sich über den Besuch. Die Männer werden Freunde, öffnen den Koffer und finden eine Menge Geld . Dann taucht der Punk auf und wird nach kurzem Handgemenge versehentlich tiefgefroren. Tags drauf machen sich Karlsson und sein neuer Freund auf den Weg hinaus in die Welt.

Jagd nach dem Geldkoffer

Das wäre in etwa die erste von insgesamt neun Viertelstunden, aber die wirre Story um eine düpierte Verbrecherbande auf der Jagd nach dem Geldkoffer, den ein ahnungsloser Greis spazieren fährt, ist ja nur die eine Handlungsebene. Diese wird immer wieder unterschnitten durch Episoden aus der Lebensgeschichte Allans, der als Junge die Liebe zum Sprengstoff entdeckte, im spanischen Bürgerkrieg erst gegen Franco kämpfte und dann dessen guter Freund wurde.

Später wird Allan in Los Alamos den Schlüssel zum Bau der Atombombe liefern, mit Präsident Truman dinieren, danach mit den Sowjets kooperieren und mit Stalin Wodkaflaschen köpfen. Andere Episoden aus dem Buch, etwa die Begegnung mit Mao Zedong, mussten ausgespart bleiben – der Film wäre einfach zu lang geworden.

Parallelen zu „Forrest Gump“ und „Zelig“

Der Unvorbereitete wird ohnehin verwundert die Augen reiben, wie unverfroren das 20. Jahrhundert im Stile des amerikanischen Schelmenromans „Forrest Gump“ und Woody Allens Scharade „Zelig“ auf skandinavisch getrimmt wurde.

Der schwedische TV-Regisseur Felix Herngren hält sich dabei an die Strategie, selbst ungeheuerlichste Geschichten mit aufreizender Beiläufigkeit anzugehen und auch brutale Momente auf trockenhumorige Weise zu unterspielen.

Dass das im Sinne des Romans recht schlüssig gelingt, ist jedoch weniger der Inszenierung zu verdanken, als viel mehr dem Hauptdarsteller Robert Gustavsson, der den bildungsfernen Helden mit einem ausdruckslosen Gesicht ausstattet, das einen perfekten Spiegel der Unschuld zu all den wilden Dingen um ihn herum bietet. Abgerundet wird der Spaziergang durch die Jahrzehnte durch die außerordentliche Arbeit der Maskenbildner, die Gustavsson glaubhaft vom jungen Mann bis zum Methusalem altern lassen.

Produktion steht nur ein kleines Budget zur verfügung

Leute, die von einer Literaturverfilmung größtmögliche Nähe zur Vorlage erwarten, werden damit eine zufriedenstellende Illustration des geschriebenen Wortes vorfinden. Die Bildführung ist eher unspektakulär, weil die Produktion nur den Bruchteil eines vergleichbaren Hollywood-Budgets zur Verfügung hatte.

Dafür stellt die Regie umso lustvoller die erzählerischen Skurrilitäten aus, die auch schon bei der Lektüre des Romans jenes Gefühl köstlichen Amüsements forcierten. Großes Kino ist das nicht, aber als präzise kalkulierte Befriedigung des Bedürfnisses nach Bewegtbild zuvor gelesener Worte wird der Film dem gesetzten Plansoll gerecht.


Wertung: 3 von 5