Berlin. Nach seinem mit acht Oscars gekrönten Welt-Hit «Slumdog Millionär» und dem Berg-Drama «127 Hours» setzt der britische Regisseur Danny Boyle in «Trance - Gefährliche Erinnerung» einmal nicht auf Gefühl, sondern auf eiskalte Spannung. Extra-Klasse erreicht der Film durch seine visuelle Eleganz.

Obwohl er seit seinem Mega-Erfolg «Slumdog Millionär» als Fachmann fürs Gefühlige gilt, und er diesen Ruf mit «127 Hours» festigte, wandelt Regisseur Danny Boyle mit dem Thriller «Trance - Gefährliche Erinnerung» auf den Spuren von Alfred Hitchcock («Psycho», «Die Vögel», «Frenzy»).

Im Stil des legendären Altmeisters erzählt er einen kunstvollen Krimi mit Hochspannung, vielen stilistischen Überraschungen und mit noch mehr trockenem britischen Humor.

Die Geschichte sieht zunächst so aus, als werde nach 08/15-Muster ein raffiniert eingefädelter Raub verfolgt. Schlüsselfigur ist der Auktionator Simon (James McAvoy).

Er wird von dem verbrecherisch-fanatischen Kunstsammler Franck (Vincent Cassel) angeheuert. Ziel ist der Diebstahl eines unbezahlbar wertvollen Gemäldes von Francisco de Goya. Das sieht nach einem netten Katz-und-Maus-Spiel von Gut und Böse aus.

Labyrinth zwischen Wirklichkeit und Wahn

Doch die mit vielen überraschenden Wendungen gespickte Story läuft bald in eine andere als die erwartete Richtung. Simon wird während der Tat bewusstlos geprügelt und kann sich anschließend an nichts erinnern. Deshalb heuert Franck die Psychologin Elizabeth (Rosario Dawson) an.

Sie soll Simons Gedächtnis auffrischen. Doch das läuft schief und führt zu einer mörderischen Achterbahnfahrt durch das Labyrinth zwischen Wirklichkeit und Wahn.

Danny Boyle zeigte zuletzt in der Inszenierung der Eröffnungsfeier für die Olympischen Sommerspiele in London mit dem Einsatz von Queen Elizabeth II. als Bond-Girl seinen Sinn für skurrilen Humor. Dem frönt er in diesem Hochglanz-Thriller geradezu ungehemmt. Selbst Gruselszenen, in denen jemandem beispielsweise die Fingernägel ausgerissen werden, serviert er mit bissigem Witz. Romantiker kommen dabei kaum auf ihre Kosten.

Extra-Klasse durch visuelle Eleganz

Die Fans ausgeklügelter filmischer Vexierspiele jedoch dürfen sich auf einen Kino-Leckerbissen freuen. Für hochkarätige Unterhaltung sorgt zudem das Hauptdarsteller-Trio. Vor allem brilliert Rosario Dawson, die in New York geborene Tochter der puertoricanischen Sängerin Isabel Celeste. Sie verleiht der Figur der Elizabeth eine flirrende Erotik und führt die Zuschauer mit spürbarer Lust an der Nase herum. Bis zum grandiosen Finale ist nämlich nicht klar, ob die Psychologin ins Lager der Guten oder in das der Bösen gehört.

Extra-Klasse erreicht der Film durch seine visuelle Eleganz. Danny Boyles Lieblingskameramann Anthony Dod Mantle zeigt London in einer neongrellen Bilderflut als schillernde Metropole des Lasters. Insbesondere die gelegentlich fast psychedelisch anmutende Bilderflut macht den Trip in die Hölle, die wir Seele nennen, zu einem Stück rasanten Pop-Corn-Kinos für Gourmets. (dpa)