Essen. Ein verlockendes Angebot führt Wolverine, den Hugh Jackman zum sechsten Mal verkörpert, nach Japan. James Mangolds „Wolverine – Der Weg des Kriegers“ um den romantischen Mutanten, der bei Gefahr seine Klauen ausfährt, hat eine passable Geschichte. Der Kick fehlt jedoch.
In diesem Sommer fällt ein strategisch geplanter Blockbusterfilm bereits dann positiv auf, wenn er nicht aus einer Aneinanderreihung lautstarker Zerstörungsorgien besteht. Sowohl „Man of Steel“ als auch „Pacific Rim“ haben in dieser Hinsicht Maßstäbe gesetzt – sie zu sehen wirkt so, als wohne man der endgültigen Implosion des Attraktionskinos bei.
„Wolverine – Der Weg des Kriegers“ ist zumindest in dieser Hinsicht eine angenehme Überraschung. Action findet zwar statt, ist aber mehr körperbetont und kündet nicht von der Lust an reiner Destruktion.
Regisseur James Mangold ist denn auch eher ein Regisseur, der bisher den Trubel des US-Sommerfilmmarktes gemieden hat. Seine Filme, wie die Johnny-Cash-Biographie „Walk the Line“ oder die schöne Western-Neuverfilmung „Todeszug nach Yuma“, zeugen denn auch von einem Filmemacher, dem es mehr um die Entfaltung seiner Schauspieler geht als um seelenloses Spektakel.
Hugh Jackman verkörpert zum sechsten Mal den Mutanten Logan
Insofern ist Hugh Jackman hier gut aufgehoben, wenn er nun bereits zum sechsten Mal den unsterblichen Mutanten Logan verkörpert, der bei Gefahr und steigender Wut seine implantierten Adamantium-Klauen ausfährt und zu „Wolverine“ wird. Von Anfang an war er die interessanteste Figur in den Kinofilmen um die „X-Men“-Mutanten, so interessant, dass man ihm auch den ersten Film der „X-Men Origins“-Serie zugestand.
Als dieser letzte Film sich weniger um die gequälte Seele seines Protagonisten kümmert und sich dafür mehr an Krawall-Szenarien ergötzt, steckte Hugh Jackman, inzwischen auch Koproduzent, nicht auf. In Mangolds Projekt hoffte er wohl, endlich den definitiven Stoff für „Wolverine“ gefunden zu haben. Die Chancen waren diesmal denn auch sehr groß: „Wolverine – Der Weg des Kriegers“ basiert auf der vermutlich besten Comic-Book-Miniserie um diesen Helden, 1982 von Frank Miller und Chris Claremont als große, in Japan beheimatete Saga angelegt.
Logan wird plötzlich zum Gejagten
Der Film beginnt, bei einem Unsterblichen zeitlich sicher nicht ungewöhnlich, mit dem Abwurf der amerikanischen Atombombe auf Nagasaki. Wolverine, damals in einem japanischen Internierungslager, rettet dabei mit seinen überdimensionalen Kräften dem jungen Japaner Yashida das Leben. Genau der, inzwischen ein alter und todkranker Multimilliardär, lässt Logan Jahrzehnte später aus den Bergen Kanadas zu sich nach Tokio rufen, um ihm ein verlockendes Angebot zu unterbreiten.
Seine Wissenschaftler, so der japanische Tycoon, hätten eine Möglichkeit gefunden, Logans wundersame Selbstheilungskräfte zu transferieren. Damit könnte Yoshida seinen Krebs besiegen und er, Logan, könnte endlich das herbeigesehnte sterbliche Leben genießen. Doch noch bevor hier jemand die Chance hat, sich zu entscheiden, stirbt Yoshida. Und Logan wird danach plötzlich zum Gejagten.
Motive unverständlich
Irgendwie stirbt damit auch das Interesse an diesem Film, denn die Drehbuchautoren verstehen es zu keiner Zeit, die Motive all der unterschiedlichen Gegner unseres Helden plausibel zu machen. Welches Spiel beispielsweise die schöne, aber tödliche Mutantin Viper (Svetlana Khodchenkova) mit ihrer langen Zunge samt Säureabsonderung spielt, bleibt ebenso nebulös wie der Seitenwechsel des Ninja-Anführers. Auch die Umtriebigkeit eines Vaters, der offenbar seine Tochter umbringen lassen will, wirkt rätselhaft.
Klar ist einzig, dass Logan/Wolverine uns hier wieder einmal kinderkompatibel als großer Romantiker präsentiert wird, weniger als der von seinen Instinkten getriebene Killer aus den Comics. Er träumt unentwegt von seiner verstorbenen großen Liebe Jean Gray (Famke Janssen), die er in einem Jenseits erblickt, das schwer nach teurer Strandvilla aussieht. Aber er hat sich gerade schon wieder in die von allen gejagte Alleinerbin Mariko (Tao Okamoto) verliebt, bei der er seinen Beschützerinstinkt voll ausleben kann.
Mehr als passabel kann man das alles nicht finden. Der interessierte Zuschauer wartet vergeblich auf jenen Kick, der ihn mit hineinzieht in dieses dauernde Haschmich im Halbdunkel. James Mangold aber sollte zurückkehren zu jenen Themen, die er mit seiner Kunst tatsächlich adeln kann.