Essen. . In der Tragikomödie „Silver Linings“ überzeugt Bradley Cooper („Hangover“, „A-Team“) als zerrissener Held an der Seite von Filmpartnerin Jennifer Lawrence. In der Verbindung von psychologischem Tiefgang und gefälliger Unterhaltsamkeit vermag der Streifen tatsächlich zu punkten.

Familiendrama, Charakterkomödie, Liebesgeschichte – das sind die Essenzen eines neuen Hollywood-Films aus dem Independent-Lager, der sich dank tatkräftiger Presseberichterstattung neuerdings ins Rampenlicht der anstehenden Oscar-Verleihung vorarbeitet. In der Verbindung von psychologischem Tiefgang und gefälliger Unterhaltsamkeit vermag „Silver Linings“ tatsächlich einige Punkte für sich zu verbuchen.

Aufbrausendes Verhalten

Pat Solatano hat acht Monate in psychiatrischer Behandlung zugebracht. Sein Hang zu aufbrausendem Verhalten und Gewaltbereitschaft gab noch keinen Anlass dazu. Aber als Pat eines Tages nach Hause kam und seine Frau Veronica unter der Dusche mit einem anderen Mann erwischte, da war das einfach zu viel für seine Nerven. Pat flippte aus. Dafür gingen ihm Frau, Haus und Job verloren. Ganz haltlos ist Pat aber dennoch nicht, er ist wieder bei seinen Eltern (Jacki Weaver und Robert DeNiro) untergekommen, liest kiloweise Bücher und versucht sich in ausgedehnten Joggingeinlagen abzureagieren.

Bei einem dieser Dauerläufe kollidiert er eines Morgens mit Tiffany aus der Nachbarschaft. Die junge Frau trägt schwer am Unfalltod ihres Mannes und sucht Schutz in Verhaltensweisen, die ihr keinen guten Ruf eingebracht haben. Auch Pat ist nur bedingt von Tiffanys unverblümter Art begeistert, aber für sein Ziel, sich wenigstens einmal mit seiner Ex-Frau auszusprechen, scheint Tiffany der geeignete Schlüssel. Allerdings stellt Tiffany eine Bedingung: Sie möchte an einem Tanzkurs teilnehmen, und weil ihr dazu noch ein Partner fehlt, soll Pat diese Lücke füllen.

Mehr oder minder bedeutsame Konfliktherde brodeln

Was sich liebt, das neckt sich – das ist der Kern der Liebesgeschichte. Weil das aber für sich allein wohl zu simpel wäre, lodern drumherum mehr oder minder bedeutsame Konfliktherde, die den neuen Film von David O. Russell komplexer erscheinen lassen, als er eigentlich ist. Den schwierigen, von bipolarer Störung seelisch zerrissenen Helden gibt ausgerechnet Bradley Cooper, der als lässiger Sonnyboy in grellen Komödien („Hangover“) oder wüsten Actionspektakeln („A-Team“) zu Ruhm kam, und man sieht ihm in jeder Szene die Anstrengung an, das zementierte Image mit tieferem Anspruch zu bekämpfen. Allein der Versuch aber, sich zu beweisen, wird Cooper zumindest eine Nominierung beim Oscar sichern. Viel interessanter ist die rund zwanzig Jahre jüngere Filmpartnerin Jennifer Lawrence.

Die hat sich seit ihrem Durchbruch vor zwei Jahren mit „Winter’s Bone“ in über einem halben Dutzend höchst verschiedener Rollen als aktuell einzige ernst zu nehmende Nachwuchsaktrice mit dauerhafter Perspektive nach oben etabliert und sorgt geradezu aufreizend mühelos für die spannenden Momente in einem Film, in dem jeder einen Knacks weg hat und das mit ziemlich dickem Pinsel aufträgt.

Die Machart ist gefällig amerikanisch, der krampfige psychologische Anspruch dagegen wirkt nicht nur europäisch, sondern verdächtig – deutsch.
Wertung: 2 von 5 Sterne