Paul Verhoevens Science-Fiction-Film „Total Recall“ mit Arnold Schwarzenegger entstand 1990 und gilt heute als Klassiker des Genres. Trotzdem hat sich „Underground“-Regisseur Len Wiseman nun an ein Remake gemacht und rückt Gattin Kate Beckinsale dabei stark ins Zentrum.

In unserer Zeit der rasend schnellen Entwicklung gerade im audiovisuellen Bereich, darf man sich nicht wundern, wenn erfolgreicher Filmstoff von 1990 bereits jetzt recycelt wird. Jüngster Fall ist die Neuverfilmung von Paul Verhoevens faszinierendem Science-Fiction-Film „Total Recall“, in dem selbst ein Arnold Schwarzenegger nichts dagegen tun kann, dass man ihn hier als ideale Besetzung der Hauptfigur betrachten muss.

Vielleicht hätte auch Colin Farrell sich beim Remake in seine Rolle wirklich hineindenken können, bliebe ihm nur manchmal die Zeit, sich Fragen zu echter oder falscher Erinnerung, zu Realität oder Traum stellen zu können. Doch Regisseur Len Wiseman macht schnell klar, dass es ihm hier einzig um den „Look“ der Bilder geht, ums Production Design und viel Action.

Der Mars ist aus der Geschichte verschwunden

Zunächst einmal kehrt Wiseman mit seinem Film zurück zum ursprünglichen Stoff des einst gefeierten Autors Philip K. Dick („Blade Runner“). Und da kommt der bei Verhoeven so wichtige Mars nun einfach nicht mehr vor, das Geschehen beschränkt sich gänzlich auf die Erde. Aber was ist das für ein Planet geworden: Von chemischer Kriegsführung überwiegend nicht mehr bewohnbar, bleiben nur zwei Bereiche zum Leben übrig.

Der eine, das ist die „Vereinigte Föderation von Britannien“ unter Kanzler Cohaagen (Bryan Cranston), gepflegte Heimstatt der besseren Gesellschaftskreise. Der andere, das ist die „Kolonie“ auf dem einstigen Australien, ein verschachteltes Slum-Gebiet aus ineinander verschlungenen Häusern, Dreck und Dauerregen. Über ein Verkehrssystem, „The Fall“ genannt, werden Arbeiter von hier in 17 Minuten quer durch den Erdkern ins alte Europa katapultiert.

Quaid befindet sich plötzlichauf der Abschussliste

Douglas Quaid (Colin Farrell) ist einer dieser Arbeiter, verheiratet mit der schönen Lori (Kate Beckinsale), von Alpträumen gequält, in denen er ein gejagter Agent zu sein scheint. Die Firma Recall, die jedem Kunden individuelle Erinnerungen verspricht, interessiert Quaid: Hier möchte er sich seinen schrecklichen Nachtmahren unter Aufsicht stellen.

Doch etwas geht schief bei dieser Sitzung, es gibt Tote und Quaid befindet sich plötzlich auf der Abschussliste der Regierung. Seine Frau ist keine Hilfe, im Gegenteil: Lori entpuppt sich als raffinierte Killermaschine im Auftrag Cohaagens, die als Ehefrau zu Quaids falscher Realität gehört, die nun gänzlich zerbröckelt.

Finsteres Weib mit übermenschlicher Kraft

In Verhoevens Film spielt Sharon Stone die mörderische Gattin, die von Schwarzenegger mit dem unsterblichen Satz „Betrachte dies als eine Scheidung“ verabschiedet wird, bevor er sie erschießt. Kate Beckinsale als Lori ist da zäher, aber sie ist ja auch die Ehefrau des Regisseurs. Also darf sie über die komplette Filmlänge Quaids Rachegöttin sein, ein finsteres Weib, das schier übermenschliche Kräfte entwickelt und roboterhaft ihr Ziel verfolgt: Quaid heimzubringen zu seinem alten Kumpel Cohaagen – oder ihn zu liquidieren.

Schwarzenegger war die Idealbesetzung für einen Ahnungslosen, der angesichts falscher Erinnerungen, ja eines ganzen falschen Lebens nur wie ein angeschlagener Stier reagieren kann. Und wo dieser Action-Star tatsächlich angesichts der philosophischen Dimension des Ganzen ins Grübeln kommt, bleibt für Farrell nur gedankenlose Flucht nach vorn.

Unentwegte Bewegung ist Pflicht

Zwei Stunden lang ist der neue „Total Recall“ überwiegend ein Jump-and-Run Videospiel. Unentwegte Bewegung ist Pflicht, ballern gehört zum guten Ton. Nur die Gründe für die fortgesetzten Feuerübungen zwischen Regierung und „Colony“-Rebellen werden nicht recht klar. Bei Verhoeven besaß selbst Bösewicht Cohaagen noch einen Charakter, ging es um Wucherpreise für Atemluft auf dem Mars. Hier ruft der Kanzler allein aus Machtgier zum Genozid in der „Colony“ auf. Schauwerte, wie die Transportkapsel des „Fall“, liefern für solch blasse Personenführung nur bedingt einen Ausgleich.

Nach über zwei Jahrzehnten erinnert man sich noch immer an Bilder aus Verhoevens „Total Recall“. Müßig zu betonen, dass Wisemans Film für solche Nachhaltigkeit kaum Voraussetzungen mitbringt.