Essen. Nach einem Junggesellenabschied fehlt der Bräutigam. Seine Kumpels erinnern sich an nichts: wissen nicht, wo der Tiger im Bad herkommt, wem das schreiende Baby im Wandschrank gehört oder wo der Schneidezahn geblieben ist, der im Gebiss des Zahnarztes fehlt - "Hangover" im Kino.

Hangover

Deutscher Kinostart: 23.07.2009

Regie: Todd Phillips

Darsteller: Bradley Cooper, Ed Helms, Zach Galifianakis, Heather Graham u.a

Der Regisseur Todd Phillips ist ein Spezialist für Filme über Männergemeinschaften und ihre seltsamen Rituale. Ob in „Road Trip” (2000), „Old School” (2003) oder jetzt in „Hangover” – immer haben wir es mit Vertretern des „starken Geschlechts” zu tun, deren kleine Fluchten nichts weiter sind als die momentane Verweigerung von Zukunft. Die pure Angst vor Pflicht und Verantwortung führt dabei zu seltsamem Verhalten: Ob es in „Old School” ein paar Mittdreißiger sind, die zurück auf den Campus drängen, um selige Studentenzeiten wieder aufleben zu lassen, oder jetzt in „Hangover” ein Quartett, das nach einer chaotischen Junggesellenparty vor der Hochzeit in Las Vegas einen Filmriss bejammert.

Die Filme von Phillips warten nicht mit jenem Fäkalhumor auf, der derartige US-Lustspiele gemeinhin auszeichnet. Dafür ist dieser Regisseur ein viel zu präziser Beobachter: Hinter der Maske seiner vergnügungssüchtigen Protagonisten meint man die schiere Verzweiflung zu spüren, künftig bis zum Tod auf einem unbarmherzig vorgezeichneten Pfad wandeln zu müssen. Von der Furcht vor den allzu starken Frauen daheim mal ganz zu schweigen.

Ein totaler Filmriss

In „Hangover” mit seinen weitgehend unbekannten Schauspielern kommt hinzu, dass Phillips sein Gespür für Tempo und Gag-Timing stark verfeinert hat. Was schon damit beginnt, dass er neben drei fest umrissenen Charakteren (der Smarte, das Weichei, das Unschuldslamm) mit dem Vierten im Quartett eine solide Wild Card spielt: Der bärtige Alan bleibt geheimnisvoll in seiner sexuellen Präferenz ebenso wie in seinen übrigen absonderlichen Neigungen.

Nach einer wilden Nacht stehen drei der vier vor den Scherben ihres Tuns, können sich aber an nichts erinnern. Sie wissen nicht, wo der Tiger im Bad herkommt, wem das schreiende Baby im Wandschrank gehört oder wo der Schneidezahn geblieben ist, der im Gebiss des Zahnarztes fehlt. Das Schlimmste aber: Doug, der Bräutigam, ist spurlos verschwunden.

Eine Standardsituation des Bühnenschwanks blickt einen da an, fürwahr. Phillips aber variiert sie auf virtuose Weise, lässt seine lädierten Helden sehr detektivisch in die Geheimnisse der letzten Nacht eindringen und Schicht für Schicht das Dunkel abtragen, bis der Schrecken immer deutlichere Formen annimmt. Wer am Ende des Films tatsächlich meint, nun genug gelacht zu haben, sollte trotzdem den Nachspann nicht verpassen: Hier wird fotografisch penibel dokumentiert, worüber bisher nur gemutmaßt wurde.