Berlin. .

Er war lange der Bubi-Kopf der Traumfabrik, das Hollywood-Leichtgewicht schlechthin: Tom Hanks, der harmlose Typ von nebenan. Aber mit seiner Rolle als Aidskranker in „Philadelphia“ lieferte er eine oscarprämierte Leistung. Ähnlich hochgelobt trat er als Simplicissimus „Forrest Gump“ auf, als „Soldat Privat Ryan“, als Unglücks-Astronaut „Apollo 13“. Nun kommt der 54-Jährige an der Seite von Julia Roberts als tapsiger „Larry Crowne“ in die Kinos, als Co-Autor, Regisseur und in der Hauptrolle. Unser Mitarbeiter Dieter Oßwald sprach mit ihm.

Wie kamen Sie auf die Idee zu „Larry Crowne“?

Tom Hanks: Wir hatten schon vor gut sechs Jahren die Idee für einen Film, in dem sich der Held neu erfinden muss: Was passiert mit einem Typen, der mit 55 Jahren nochmals die Schulbank drückt? Wie würde ihn das verändern? Erst recht, wenn Julia Roberts seine Lehrerin wäre? Larry ist plötzlich arbeitslos, er wird sein Haus verlieren – wie wehrt sich so einer gegen die Pechsträhne?

Welche Rolle spielt die Wirtschaftskrise für so eine Geschichte?

Sie bekommt natürlich einen ganz neuen Stellenwert. Wie so viele Amerikaner besitzt Larry ein Haus, das er sich gar nicht leisten kann und dessen Schuldenlast längst höher ist als sein tatsächlicher Wert. Mit dieser überaus verwirrenden Realität sind wir ja zunehmend konfrontiert.

Hatten Sie jemals eine Alternative für sich selbst für die Rolle des Larry?

Um Gottes willen! Nein! Das ist die beste Rolle des Films, so egozentrisch bin ich dann schon. Warum sollte ich das George Clooney geben?

Im Unterschied zu etlichen Hollywood-Kollegen sind Sie völlig skandalfrei geblieben – was ist das Geheimnis des Tom Hanks?

Ich bin seit 23 Jahren verheiratet, ich gehe nicht in Clubs und lasse mich nicht in Faustkämpfe auf dem Sunset Boulevard verwickeln. Wobei ich ja nicht über Nacht zum Star geworden bin. Ich hatte schon 1980 meine ersten TV-Auftritte, danach folgte langsam die Kinokarriere. Ich wüsste nicht, wie ich damit zurecht gekommen wäre, wenn ich von heute auf morgen zum Star geworden wäre. Heute, mit 55, vier Kindern und einer langjährigen Ehe tauge ich nicht mehr zum Skandalobjekt der Boulevardpresse. Das gibt es genügend Jüngere, die Gesetze brechen, Babys bekommen oder mit ihren berühmten Partnern Schluss machen. Ich bin nur noch der alte Typ, der über die Kunst des Filmemachens plaudert.

Wie groß ist Ihre Angst vor dem Alter?

Ich mag das Älterwerden, schon weil es keine Alternative dazu gibt. Meine vier Kinder sind jetzt aus dem Haus – können Sie sich vorstellen, was das meiner Frau und mir an Freiheit zurückgibt? Wir können jetzt tun, was wir wollen! Das ist sensationell. Dieses Glück erfährt man mit 55 und ich werde es genießen. Ich trinke nicht übermäßig, habe noch nie geraucht und mache ein bisschen Sport. Meine Hüfte und meine Knie sind noch in Ordnung – ich werde also noch gut sechs bis sieben Jahre in Form sein.

Wann haben Sie sich in Ihrem Leben neu erfunden?

Als ich vom Single zum Ehemann wurde. (lacht) Als Schauspieler gehört das zum Job, man erfindet man sich ständig neu, sobald man einen Scheck dafür angeboten bekommt. Offen gestanden zwingt einen auch der Ruhm dazu. Wenn man auf der Straße erkannt wird, kann das schon enormen Druck ausüben. Man muss lernen, damit umzugehen – was durchaus einige Zeit benötigt.

Ihr Larry arbeitet im Supermarkt. Könnten Sie dort noch ganz normal einkaufen gehen?

In Los Angeles geht das problemlos, da wimmelte es ja vor Stars. Wenn die Menschen wissen, dass man in der Stadt unterwegs ist, wird das nie zum Problem. Nur wenn man überraschend auftaucht, gibt es Tumult. In Los Angeles und auch in New York bin ich einfach der Typ aus der Nachbarschaft.

Wie steht es eigentlich um Ihr seit langem geplanten Projekt über den US-Sänger Dean Reed, der in DDR lebte, als Elvis des Ostblocks?

Das Projekt existiert glücklicherweise noch immer. Ich glaube, wir haben jetzt einen Dreh gefunden, wie wir das auf die Beine stellen können – ich hoffe, dass es in den nächsten Jahren realisiert wird. Dean Reed ist eine großartige Geschichte, wir benötigen allerdings noch die Finanzierung.