Essen.. Aids ist die Krankheit, über die man in Südafrika nicht spricht. Oliver Schmitz schildert in seinem Film „Geliebtes Leben“, wie eine ganze Familie allmählich wegstirbt. Erst durch beharrliches Nachforschen stößt die zwölfjährigen Tochter schließlich zur Whrheit vor.
Südafrika ist kein armes Land, aber es ist nicht sorgenfrei. Die Probleme, mit denen es zu kämpfen hat, betreffen den gesamten Kontinent. Eliten haben über Jahrzehnte die Kluft zwischen Arm und Reich zementiert. Die Bodenschätze gehen zur Neige. Und da ist diese Krankheit, über die man nicht spricht: Aids.
Umso bedeutender, dass nun der Star-Regisseur des Landes, der deutsch-stämmige Oliver Schmitz, mit seinem neuen Film „Geliebtes Leben“ das Tabuthema auf die Leinwände holt und dabei nicht dem Irrglauben verfällt, dass hehres Ansinnen und aufklärerische Botschaft allein schon gutes Kino ausmachen. Sein Ansatz ist besser: Er hat einen Film gedreht, der über intensiv aufspielende Darsteller verfügt, eine kraftvolle Geschichte und atmosphärische Kamera; dieses Fundament ist solide genug, um auch unbequeme Botschaften zu transportieren und trotzdem spannend zu unterhalten.
Mimischer Vulkan
Die Heldin des Films heißt Chanda, ist 12 Jahre alt, als Schülerin aufgeweckt und als Tochter und größere Schwester eine tüchtige Hilfe. Ihre Familie bewohnt ein Haus im Township Elandsdoorn in der Provinz und eigentlich wäre alles gut. Dann verstirbt die jüngste Schwester, der Stiefvater sucht Vergessen im Alkohol und ist eines Tages verschwunden, die Mutter erkrankt. Und es stellt sich auch dann keine Besserung ein, als die resolute Nachbarin Mrs. Tafa (Südafrikas Superstar Harriet Manamela mit der mimischen Kraft eines Vulkanausbruchs) die Hilfe einer Schamanin bemüht.
Chanda (Khomotso Manyaka) beginnt zu begreifen, was tatsächlich in ihrer Familie passiert. Sie beginnt Fragen zu stellen und Antworten einzufordern und setzt dabei einen wichtigen Vorteil ein – sie kann lesen und schreiben. Die 14-jährige Khomotso Manyaka, die aus Elandsdoorn stammt, fiel beim Chorsingen auf. Sie entpuppte sich als schauspielerisches Naturtalent und lässt spüren, wie sehr sie ihre Rolle mag. Zwei Preise hat sie dafür bereits eingeheimst – und auch bei der Deutschland-Premiere am Dienstagabend in Berlin gab es für sie den heftigsten Beifall.
Klug komponierte Cinemascope-Bilder
Beim Anblick des Films staunt man über die klug komponierten Cinemascope-Bilder, die hier aufgeboten werden – und über die fantastische Führung der Schauspieler. Oliver Schmitz (er drehte unter anderem den Welterfolg „Mapantsula“ und die Serie „Türkisch für Anfänger“) ist ein exzellenter Regisseur, der verstanden hat, dass gute Bilder im Kino die halbe Miete sind – und dass eine Geschichte umso tiefer greift, je einfacher man sie im Kern hält, um sie dann tief auszuloten statt in die Breite zu gehen. So geriet ihm dieser Film im besten Sinne lebensbejahend.