Essen. Frankreichs Regie-Altmeister Claude Chabrol hat seinen ersten Film mit dem gewichtigen Superstar Gérard Depardieu gedreht. "Kommissar Bellamy" ist nicht zuletzt eine Hommage an Georges Simenon und dessen Ermittler Maigret.

In einem Taxi hört der Fahrer in voller Lautstärke Tschaikowskys „Symphonie Pathétique”. Vor Gericht singt ein Anwalt sein Plädoyer und benutzt dazu ein Chanson von Georges Brassens. Und ein Kriminalkommissar löst im Urlaub gerne Kreuzworträtsel, wobei er gerade auf das Glück stößt – das gesuchte Wort lautet „bonheur”. Wir befinden uns in einem Film von Claude Chabrol, der lange nicht mehr so spielerisch inszeniert hat wie in „Kommissar Bellamy”.

Kommissar Bellamy

Kinostart: 09.07.2009

Regie: Claude Chabrol

Darsteller: Gérard Depardieu, Marie Bunel, Clovis Cornillac, Jacques Gamblin u.a.

Man mag sich streiten darüber, ob dies nun der 57. oder 58. Spielfilm des 79-jährigen Regisseurs ist, es ist auf jeden Fall sein erster Film mit Gérard Depardieu. Der schleppt hier geschätzte 140 Kilo mit sich herum, ist oft atemlos nach dem Treppensteigen, aber er kann das Ermitteln auch in der Freizeit nicht lassen. Keine Frage: Dieser Bellamy ist in seinem Menscheninteresse eine Hommage an Georges Simenons Kommissar Maigret.

Der Polizist, der am liebsten Urlaub im Haus der Schwiegereltern macht und damit die Fernwehträume seiner Frau (Marie Bunel) sträflich missachtet, kniet sich hier in einen Fall, der mit der Zeit immer verwickelter erscheint. Zunächst ist da ein Mann (Jacques Gamblin), der sich einen Mord von der Seele reden möchte.

Opfer und Täter ähneln sich

Dann aber stellt sich heraus, dass erstens sein Name nicht stimmt und er zweitens ein verheirateter Mann mit junger Geliebter ist, dessen Frau schließlich auch noch ums Leben kommt. Um die Verzwicktheit des Ganzen noch zu potenzieren, zeigt Chabrol Rückblenden ausschließlich aus den Erkenntnissen Bellamys, in denen Opfer und Täter sich frappierend ähneln – was sich am Ende als gar nicht so abwegig erweist.

Mit inszenatorischer Bravour spiegelt Claude Chabrol vieles von dem, was Bellamy in seinem Fall begegnet, im Privatleben des Kommissars. Gerade hat er festgestellt, dass die Geliebte des Mörders auch mit anderen Männern schläft, da ahnt er ein ähnliches Problem auch bei sich zuhause. Bellamy sammelt Indizien, weshalb ein zerwühltes Bett und ein geöffneter Gürtel bei seiner geliebten Frau bereits die Eifersucht schürt. Zumal der Anlass dafür sein ungeliebter Bruder Jacques („Asterix”-Darsteller Clovis Cornillac) sein könnte, chronisch pleite, aggressiv und alkoholisiert, der sich jüngst bei ihnen eingenistet hat.

Man merkt schon: Die einzelnen Figuren, die ihren Charakter meist schon im Namen tragen (Lebas, Gentil, Bonheur), sind für Chabrol weitaus interessanter, als die sich immer stärker verheddernde Kriminalgeschichte. Aber das stört nicht weiter, weil Depardieu so entspannt spielt wie selten und der betagte Regisseur sich in prächtiger Spiellaune befindet. Seine Filme mögen auf den ersten Blick einfach und schmucklos wirken. Aber sie haben es faustdick hinter den Bildern.