Berlin..
Angelina Jolie findet er wunderschön und Johnny Depp wahnsinnig witzig: Mit den beiden Hollywood-Superstars hat Florian Henckel von Donnersmarck „The Tourist“ gedreht, seien ersten Film nach dem Oscar für „Das Leben der Anderen“.
Seine Karriere klingt wie aus dem Märchen: Mit seinem Abschlussfilm an der Münchner Filmhochschule „Das Leben der anderen“ holte Florian Henckel von Donnersmarck 2007 den Oscar, zwei deutsche Filmpreise, den europäischen Filmpreis, den französischen Cesar, den britischen BAFTA und gut 40 weitere internationale Auszeichnungen. Mehr als zwei Millionen Besucher lockte sein Stasi-Drama mit Ulrich Mühe und Martina Gedeck hierzulande in die Kino. Nun präsentiert der 37-jährige mit „The Tourist“ seinen zweiten Streich: Ein Hollywood-Projekt mit Angelina Jolie und Johnny Depp.
Wie fühlen Sie sich im Hollywood-Exil?
Florian Henckel von Donnersmarck: Ich lebe jetzt zwar in Amerika, aber das heißt nicht, dass man seine innere Heimat aufgibt. Ich fühle mich auch in Los Angeles sehr stark als Deutscher. Was ich dort über das Kino lerne, werde ich irgendwann zurückbringen, wenn ich in Deutschland wieder Filme drehe. Aber mein Lernbedarf ist noch groß, deshalb werde ich die nächste Zeit in Amerika bleiben – sozusagen als Spion in Hollywood..
Warum hat es so lange gedauert vom Oscar 2007 bis zu Ihrem neuen Projekt?
Henckel von Donnersmarck: Zunächst bin ich nach dem Oscar noch gut ein Jahr mit dem Film um die Welt gereist, weil er in vielen Ländern erst danach interessant wurde. Zurück in Hollywood musste ich mich erst einmal in diesem neuen Gefilde orientieren und sehen, wie dieses System funktioniert. Ich wollte auch ein Gespür dafür bekommen, wem man trauen kann und wem nicht.
Welche Vorteile hat Los Angeles für einen Filmemacher?
Henckel von Donnersmarck: Los Angeles ist ja nicht nur die Hauptstadt des amerikanischen Films, sondern das Zentrum des Weltkinos. Die besten Regisseure aus allen Ländern wollen hier arbeiten. Aus Deutschland zum Beispiel Werner Herzog, Percy Adlon oder Wolfgang Petersen. Dieser Austausch ist sehr nützlich, in Hollywood wird man einfach besser.
Gibt es nicht die Gefahr, dass man seine Künstler-Seele dem Kommerz verkauft? Und sich vom vielen Geld ein bisschen korrumpieren lässt?
Henckel von Donnersmarck: Wie sollte das vonstatten gehen? Man kann als Regisseur nicht etwas inszenieren, wovon man nicht überzeugt ist – das wäre ein entsetzlich selbstzerstörerischer Kraftakt, den man wahrscheinlich nur einmal machen könnte.
In der Unterhaltungsindustrie zählt freilich nicht nur die Kunst, sondern auch die Rendite. Nehmen die Produzenten nicht Einfluss, wie publikumswirksam ihre Produkte aussehen?
Henckel von Donnersmarck: Das ist ein großes Missverständnis von Hollywood. Ich kenne keinen Fall, wo das Studio einen Regisseur dazu gezwungen hat, den Schnitt anders zu machen, als er es wollte. Dieser Begriff ‚directors cut’ ist ein Marketing-Trick für spätere DVD-Versionen. Das bedeutet keineswegs, dass die ursprüngliche Fassung nicht ebenfalls ein ‚directors cut’ gewesen ist. Die Studios wollen es sich nicht mit den Regisseuren verderben, denn dadurch könnten sie auch ihre Stars verlieren.
Hätten „The Tourist“ auch hierzulande entstehen können?
Henckel von Donnersmarck: Diese Art von Glanz und Glamour, die man mit einem amerikanischen Budget erzeugen kann, kann man sich in Europa nicht leisten. Jeder Statist in ‚Tourist’ ist mit mehr Geld eingekleidet als es die Hauptdarsteller in ‚Das Leben der anderen’ waren. Das sorgt für einen ganz anderen Look, der letztlich natürlich nicht entscheidend ist für einen guten Film, aber durch den man eine bestimmte Vision präsentieren kann, die etwas Besonderes ist.
Was machen die Star-Qualitäten Ihrer Heldin Angelina Jolie aus?
Henckel von Donnersmarck: Angelina ist wunderschön und eine sehr gute Schauspielerin. Gleichzeitig ist sie sehr stark und dennoch feminin. Das ist eine ganz ungewöhnliche Kombination, die es in jeder Generation nur einmal gibt. Als kulturelles Phänomen wäre sie eine Ikone, vergleichbar mit Grace Kelly, Rita Hayworth oder Marilyn Monroe. Aus vielen Gesprächen mit Frauen weiß ich, dass Angelina ihnen ein Gefühl von Stärke vermittelt.
Wie verhält es sich bei Johnny Depp?
Henckel von Donnersmarck: Johnny ist wahnsinnig witzig und bringt einen ständig zum Lachen. Diese Ressource habe ich ganz bewusst für seine Rolle genutzt. Johnny bietet eine einzigartige Mischung aus Verletzlichkeit, Humor und Männlichkeit, die an seinen großen Freund und Mentor Marlon Brando erinnert.
Wie aufgeregt waren Sie bei Ihrer Begegnung mit den Superstars?
Henckel von Donnersmarck: Ich bin nicht der Typ, der nervös wird und war bei Angelina nicht mehr aufgeregt als damals bei Martina Gedeck. Für einen Regisseur ist es vor allem wichtig, ob die Schauspieler gut sind oder nicht. Starqualität hat ja nicht automatisch etwas mit Talent zu tun – nicht umsonst verglühen etliche Stars über Nacht. Die großen Namen der Stars werden erst später bei der Vermarktung wichtig.
Benötigen Sie beim Drehen nicht eine eigene Paparazzi-Polizei?
Henckel von Donnersmarck: Logistisch ist das Drehen im Freien tatsächlich etwas erschwert. Wenn Tausende an der Absperrung stehen und ‚Johnny, Angie’ schreien, muss man die Fans vor jedem Dreh erst einmal per Megaphon um Ruhe bitten. Das funktioniert auch, allerdings nicht lange: kaum sagte ich ‚cut’, fing das Geschrei gleich wieder von vorne an.
Als Oscar-Besitzer dürfen sie bei den Academy Awards abstimmen. Geht Ihr Votum beim Auslandsfilm automatisch nach Deutschland?
Henckel von Donnersmarck:Sie haben mich durchschaut! (lacht) Wenn man merkt, der deutsche Film hat keine Chance, dann stimme ich eben für Österreich, damit die Stimme nicht verloren geht. Und wenn beide aussichtslos erscheinen, dann gebe ich mein Votum für die Schweiz. Ich liebe einfach den deutschen Film und weiß, wie sehr so ein Preis der Filmwirtschaft helfen kann.
Was vermissen Sie in Hollywood?
Henckel von Donnersmarck: Ich vermisse sehr die deutsche Sprache und versuche, in meinem Zuhause eine Oase dafür zu schaffen. Unsere Kinder wissen, dass ich sehr streng werde, wenn ich daheim auch nur ein Wort Englisch höre. (lacht)