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Larry Gopnik hat nicht viel zu lachen. Die Frau will die Scheidung, der Sohn experimentiert mit Drogen, und die Tochter klaut Geld für eine Schönheits-OP. In „A Serious Man“ quälen die Coen-Brüder ihre Hauptfigur. Und lassen biblische Parallelen anklingen.
„War ich nicht glücklich?”, fragt verzweifelt der bisher so zufriedene Viehzüchter Hiob in der Bibel. „War ich nicht fein stille? Hatte ich nicht gute Ruhe? Und es kommt solche Unruhe!” Gott will ihn prüfen, diesen glaubensstarken und gottesfürchtige Mann, ob er wohl angesichts von lauter Katastrophen anfangen werde, mit dem Herrn zu hadern. Dieser Tage hat Hiob einen würdigen Nachfolger im Kino gefunden. Er heißt Larry Gopnik, lebt 1967 als Jude in einer Kleinstadt im Mittleren Westen der USA und ist Hauptfigur in „A Serious Man”, dem neuen Film der Brüder Joel und Ethan Coen.
Die Welt bricht zusammen
Gopnik erfreut sich als Physikprofessor an schwer durchschaubaren Zahlenspielen, ist stolz auf seine Frau, seine beiden Kinder und das Eigenheim. Doch dann beginnt wie aus heiterem Himmel plötzlich der Erosionsprozess. Gattin Judith erklärt unvermittelt, sie wolle eine Scheidung, weil sie sich in den Witwer Sy Ableman verliebt habe.
Sohn Danny experimentiert kurz vor seiner Bar Mitzwa mit Drogen, Tochter Sarah bestiehlt den Vater, weil sie sich einer teuren Nasenkorrektur unterziehen will. Und auf dem Sofa im Wohnzimmer schläft schon seit geraumer Zeit Larrys seltsamer Bruder Arthur, der mit der unappetitlichen Talgzyste. Noch etwas ausgelassen? Ach ja, an der Uni tauchen verleumderische Briefe auf, die Larry als bestechlich denunzieren. Vielleicht hat das etwas mit dem japanischen Studenten zu tun, den er bei der Prüfung hat durchfallen lassen.
Die Filme der Coen-Brüder („Fargo”, „No Country for Old Men”) handeln oft von Menschen, die durch Gier oder widrige Umstände in schier ausweglose Situationen geraten.
Zum ersten Mal ist dies ein Coen-Film, der ganz in einem jüdischen Umfeld spielt. Autobiografisches lässt sich da kaum verbergen, denn auch die Coens wuchsen einst in Minnesota auf. Sie kennen die Typen in diesen Gemeinden nur zu genau, auch die Rabbis, bei denen Larry in seiner Not Hilfe sucht. Bekannte Stars wird man in der Besetzungsliste des Films indes kaum finden, gecastet wurde ausschließlich mit der Maßgabe, die ganze Bandbreite der jüdischen Bevölkerung vor Ort widerzuspiegeln. Der Zuschauer ist befreit vom Effekt der Wiedererkennung, er kann sich ganz auf die wunderbaren Typen konzentrieren. Allen voran der Broadway-Schauspieler Michael Stuhlbarg, der den bebrillten Larry ganz vortrefflich verkörpert in seinen Zweifeln am Dasein und an der göttlichen Gerechtigkeit.
Und wenn Larry am Ende glaubt, alles wieder einigermaßen unter Kontrolle zu haben, klingelt plötzlich das Telefon und der Hausarzt meldet sich. Er hat, ha ha!, keine guten Nachrichten.